Die gesetzliche Ebene

Neben der technischen Ebene zur Realisierung von Datenschutz (vgl. Fallstudie DRM) existiert die gesetzlicheEbene des Datenschutzes, welche den „Missbrauch“ von Daten unter Strafe stellt. Hier wurde schon argumentiert, dass die technische Ebene nicht funktioniert, wenden wir uns also der gesetzlichen Ebene zu:

Drohpotential für meine Daten

Drohpotential für meine Daten

Datenschutz“bedürfnisse“ habe ich generell gegenüber drei ganz unterschiedlichen Entitäten:

  • dem Staat (wegen Nazis, Stasi usw.)
  • Firmen (Facebook, Google usw.)
  • meinen Mitmenschen (damit mein Freund, das Bild, was ich nur ihm zeigen wollte nicht kopiert und weiterleitet)

Wie wirksam sind denn nun Gesetze zum Schutz „meiner“ Daten gegen die drei Gefahrenquellen?

Der Staat
Der Staat muss sich an seine Gesetze halten (wer wenn nicht er), somit bieten theoretisch Gesetze einen guten Schutz vor Missbrauch von Bürgerdaten durch den Staat. Doch gibt es ein ganz massives Problem: Die Gesetze werden ebenfalls vom Staat erlassen (über die Legislative, d.h. bei uns die Parlamente). Unser Staat ist so konstruiert, dass die Exekutive („Regierung“) die Mehrheit zumindest in einem wichtigen Teil der Legislative (dem Bundestag) hat. So kann der ausführende Arm des Staates Gesetze, die als hinderlich gesehen werden, ganz einfach aussetzen oder neue Gesetze zum Nachteil der Datenschutzinteressen erlassen. Selbst wenn diese neuen Gesetze dann „gegen das Grundgesetz“ sind, so dauert es oft extrem lange, bis das Verfassungsgericht diese kassieren kann.

Des weiteren kann ich beispielsweise als Polizist durchaus Daten nutzen, die ich eigentlich nicht nutzen darf (z.B. ein „aus Versehen“ illegal abgehörtes Schlafzimmer), um aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse (z.B. den Ort einer geplanten Straftat) dann eine Person festzunehmen. Danach kann man immer noch behaupten, dass man die Informationen woanders her hatte (Informant, Observation, etc).
Wo Datenschutzgesetze als Schutzmittel gegen den Staat also theoretisch funktionieren mögen, sind sie in der Praxis nur so lange wirksam, wie das von eben jenem Staat geduldet wird.

Firmen
Auch Firmen müssen sich an Gesetze halten, allerdings nur an die Gesetze der Juristiktion, in der sie „ansässig sind“. So zieht man mit dem Firmensitz „einfach“ in ein Land, in dem die gesetzliche Lage „besser“ ist (vgl. Stammzellenforschung, Steuergesetze). Sobald Datenschutzgesetze in Deutschland problematisch werden, hat man eben keine deutsche Niederlassung mehr; ist ja nicht so, dass deutsche Staatsbürger nur auf deutsche Websites surfen. Befinden sich Server und der Firmensitz beispielsweise in den USA, gelten auch die amerikanischen Datenschutzgesetze.

Für produzierende oder stark ortsgebundene Unternehmen ist die vollständige Verlagerung ins Ausland sicherlich oft nicht praktikabel, für ein IT-Unternehmen hingegen durchaus einfacher. Im Zweifelsfall gliedert man den lokalen Support aus und zieht nur mit den Daten um.
Nationale Datenschutzgesetze bieten uns also keinen wirksamen Schutz gerade gegen die Firmen, die am stärksten mit und auf „unseren“ Daten arbeiten. Genauso wie wir „Steueroasen“ haben, würden sich, sobald sich Datenschutzgesetze zu einem nennenswerten Problem entwickelten, „Datenoasen“ herausbilden. Das ist globale Marktwirtschaft. Sicherlich kann das offensive umgehen von Datenschutzgesetzen zu einem negativen Image führen, doch in wie weit das wirklich das Kauf- bzw. Nutzungsverhalten der Menschen beeinflusst, sieht man ja schon alleine daran, wie viele Menschen immer noch in Sklavenarbeit hergestellte Kleidung tragen und wie viele Menschen Facebook verweigern wegen deren bösem Nicht-Datenschutz.

Mitmenschen
Meine Mitmenschen müssen sich auch an die Gesetze halten (YAY), und sie werden zumeist auch nicht einfach so das Land verlassen, nur um Datenschutzgesetzen aus dem Weg zu gehen (YAY). Wir sehen das auch durchaus heute: Da werden halt Privatleute abgemahnt, wenn sie keine gesetzeskonforme Datenschutzerklärung für ihr Blog haben, oder weil der Webserver, zu dem sie Zugang mieten, die bösen IP-Adressen speichert. (Nicht YAY!)

Doch zurück zum Thema. Um, wenn meine Daten dann herausgekommen sind, herauszufinden, wer sie denn in die Öffentlichkeit gebracht hat, muss ich meine Mitmenschen total überwachen lassen, sonst kann ich Verstoß gegen das Gesetz nicht sanktionieren (und wenn ich Verstöße nicht sanktionieren kann, dann werde ich massive Schwierigkeiten haben, mein so gut gemeintes Gesetz effektiv durchzusetzen).

Innerhalb eines totalüberwachten Staates können Datenschutzgesetze also gegen meine Mitmenschen schützen. Nun müssen wir uns die Frage stellen, ob ein solcher Staat für uns wünschenswert ist. Des weiteren stellt sich ja auch hier das Problem dar, dass ich zwar dann eine Zuwiderhandlung bestrafen kann („Du hast meine privaten Nacktbilder ins Internet gepackt, jetzt zahlst Du mir 1000€!“), der „Schaden“ (meine Nacktbilder sind im Internet) aber ja weiterhin besteht und, sobald die Bilder kopiert und vom Verbreiterkontext befreit sind, eben auch weitere Verstöße nicht mehr sanktionierbar sind.

Fazit
Wir sehen also, dass auch die gesetzliche Ebene nur mangelhaften, wenn überhaupt einen, Schutz bietet: Weder gegen den Staat noch gegen Firmen sichert sie uns ab, und an einem Überwachungsstaat nur zur Garantie der Umsetzung der alten Datenschutzgesetze kann uns auch nicht gelegen sein.

Nach dem Versagen der technischen Ebene haben wir nun festgestellt, dass auch der Rückgriff auf die gesetzliche Ebene uns auch nur sehr mangelhaft schützt und das nicht, weil die Gesetze zu schwach sind, sondern ganz grundsätzlich.
Datenschutz ist als Konzept nicht durchsetzbar, weder technisch noch legal. Wir brauchen da bessere Ansätze, die zumindest die Möglichkeit haben, die Welt zu verbessern, nicht weitere oder strengere unwirksame Gesetze.

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60 Antworten zu Die gesetzliche Ebene

  1. Matthias Pfützner schreibt:

    Ganz schön fatalistische Einstellung…

    Wir lernen aber zwei wichtige Dinge daraus:

    1.) Wenn die Strafe hoch genug sein würde (nicht 1000EUR, sondern evtl. ’ne Million?), dann würde evtl. zumindest der Freund/die Freundin die Bilder nicht online stellen, oder ich könnte mir mit der Strafzahlung woanders ’ne neue Existenz aufbauen.

    2,) Mit Deinem Beitrag hast Du einen ganz wesentlichen Aspekt der Diskussion non-chalant weggewischt. Ja, die Regelung der Datenschutzfrage ist eine nur international lösbare Aufgabe (so sie denn überhaupt lösbar ist!).

    Daher ist aus meiner Sicht Folgendes zu tun: International die Frage der „Strafe bei Mißbrauch“ angehen! Denn: Es wird immer Menschen geben, die sich nicht ausreichend gegen den Mißbrauch der Daten, die ihnen „geklaut“ wurden, wehren können. Denn wir müssen akzeptieren, daß es Menschen gibt, die sowohl am gesellschaftlichen Leben teilnehmen wollen, nicht immer alles anonym machen wollen oder können, und sich ggfls. also eines Tages gegen den Mißbrauch von Infos, die nicht von ihnen selbst verbreitet wurden, wehren müssen.

    Utopisches Fordern, daß die Menschheit in toto sich der technischen und sozialen Unmöglichkeit ergibt, ist Fatalismus, bzw. Forderung nach Selektion (nur die, die mitspielen, werden oder können überleben!). Das kann’s nun mal leider nicht sein! Sorry!

    Matthias

    • tante schreibt:

      zu 1) Ok, Strafe ist jetzt ne Million. Du findest Dein Nacktbild nun auf irgendeinem der Free Image Hoster, hochgeladen über Tor. Wer zahlt Dir die Million? Und wenn das Bild dann auf 4Chan gelandet ist und mit Text versehen wird, wer zahlt Dir dann die Millionen?

      zu 2) Du hast ja durchaus Recht, das Gesetz wird durchsetzbarer, wenn es global gilt. Was wäre denn ein globales Datenschutzgesetz? Das deutsche sicherlich nicht, das ist deutlich strenger als viele andere. Datenschutz und auch Privatsphäre werden in unterschiedlichen Ländern und Kulturkreisen ganz unterschiedlich definiert, ich glaube deshalb das ein Konsenz da nicht hilft (weil der kleinste gemeinsame Nenner wirklich winzig ist).

      Zum Fatalismus: Wie der letzte Absatz klarstellt, geht es keineswegs darum, sich einfach zu „ergeben“, aber sich auf Datenschutz zu berufen hilft uns nicht weiter, wir brauchen andere Konstrukte, um und allen ein gutes und menschenwürdiges Leben zu erlauben. Das Problem ist ganz einfach, das der häufig dogmatisch vertretene Lösungsansatz (Datenschutzgesetze) eben nicht funktioniert. Von ergeben hat niemand gesprochen. (Homöopathie funktioniert auch nicht gegen Krebs, das heißt nicht, dass ich sage, man solle nichts dagegen tun).

      • Ferenjito schreibt:

        Der Deutsche Datenschutzfetischismus wird im Ausland oft genug mit Verwunderung wahrgenommen. Die Forderung einer internationalen Durchsetzung der landesüblichen Datenschutzvorstellung bekommt nicht zuletzt dadurch einen faden Beigeschmack. Ob da die Welt wieder mal am deutschen Wesen genesen soll?

  2. Dirk Burchard schreibt:

    Tatsächlich ist das sehr einfach mit der Informationellen Selbstbestimmung, denn sie entspringt einem urmenschlichen Grundbedürfnis über die eigene Selbstdarstellung auch selbst zu bestimmen. Im engeren sozialen Umfeld gibt es regelmäßig heftig Ärger wenn da jemand zum Beispiel Lügen über jemanden verbreitet (also aus irgendwelchen Daten über eine reale Person ein zumeist negatives Persönlichkeitsprofil bastelt und in Umlauf bringt), und das Prinzip bleibt dasselbe, wenn sich das ganze digitalisiert abspielt.

    Der Staat wäre – Achtung, klassisch bürgerrechtlicher Ansatz! – dann nur noch dafür zuständig, die sich nicht selbst einigenden Konfliktfälle abzuarbeiten und effektive Konfliktbearbeitungen sicherzustellen, etwa indem er Konzerne wie Facebook zwingt, seinen Nutzern die Verfügungsgewalt über die eigenen Daten auch effektiv zu gewährleisten. An dieser Stelle versagt der Staat, weil er die Informationelle Selbstbestimmung gerade nicht gewährleistet und leider auch Typen wie tante nachgibt, die solche Freiheitsrechte opportunistisch einstampfen wollen für individualitätsfeindlich gleichmachende pseudo-Freiheiten wie Post-Privacy.

    „Der Staat muss sich an seine Gesetze halten (wer wenn nicht er)“ – und so sieht dann die enttäuschte Staatsgläubigkeit der Kohl-Ära-Brut aus, denn tatsächlich sind die Staatsbesoldeten die größten Gesetzesbrecher überhaupt, wenn sie zum Beispiel eigene Fehler vertuschen oder die Gefängnisse mit Kleinkriminellen füllen, aber keinen Verantwortlichen für die bei der Finanzkrise verzockten Milliarden zur Rechenschaft ziehen oder etwa die Sammler von Kinderpornografie verfolgen, während sie die tatsächlichen Kindermörder sogar als Sklaventreiber für Hartz-IV-Zwangsarbeiter einspannen. Die wissen genau, daß sie sich bezahlen lassen, um sich eben nicht um die tatsächlichen Probleme zu kümmern, sondern vorzugsweise um aufgebauschte Nebenprobleme. Nein, dieser Staat verspricht über sein Grundgesetz ein Mindestmaß an Menschenrechtsgewährleistung, und dann muß man seinen Staatsbesoldeten nunmal auf die Füße treten, damit sie diese Versprechen auch einlösen. Bin daher gespannt, wie Frau Aigner diesmal das Problem „löst“, daß Facebook seine Gesichtserkennung auch auf Menschen anwendet, die einer solchen Verwertung ihres Gesichts niemals zugestimmt haben, aber tante zustimmen und ihr diese Verantwortlichkeit gleich ersparen, werde ich ganz sicher nicht…

  3. Matthias Pfützner schreibt:

    Wir sind uns insoweit ja vollkommen einig, daß die technischen Rahmenbedingungen inzwischen uns Menschen zwingen, uns an sie anzupassen (siehe Weizenbaum)! Daraus folgt nun leider auch (weil unumkehrbar!), daß wir deswegen nach Lösungen suchen müssen, die (und hier kommt wohl der Unterschied zum Tragen) im Hier und Jetzt den „Betroffenen“ ansatzweise „Genugtuung“ verschaffen können. Daß das nicht 100%-ig geht, oder auch nicht in allen Fällen, ist uns allen klar.

    Mein Problem mit Artikeln wie diesem ist, daß ERST konstatiert wird, daß wir nichts tun können, und dann gesagt wird, daß wir trotzdem nach Lösungen suchen sollten… Mir wäre es lieber (weil es die Beunruhigung rausnehmen könnte, denn so, wie diese Artikel derzeit aufgebaut sind, verbreiten sie „Angst“, und bleiben als fatalistisch in Erinnerung), wenn erst Ideen beschrieben würden (wie z.B.: übergangswese die Strafen zu erhöhen, um eine moralische Hürde aufzubauen, bzw. den Anschein zu erwecken, daß „Genugtuung“ möglich sei), und dann die technische Grundlage beschrieben würde, die uns zwingt, solche Schritte zu gehen (ja, ich weiß, klingt wieder stark nach „alternativlos“). Ich will aber auch nicht ein Rechtssystem, was so pervertiert ist, wie in den USA, wo Schadensersatzklagen in vielen Fällen rein aus finanziellen Gründen angestrebt werden, und überhaupt nichts mehr mit „Recht“ oder „Gerechtigkeit“ oder auch nur ansdtzweise etwas mit „Genugtuung“ zu tun haben.

    Laß es mich so sagen: Evtl. könnte die Erhöhung des möglichen Strafmasses dazu führen, daß die notwendige Akzeptanz des Unumgäglichen leichter zu akzeptieren fällt… 🙂 (und so ein Satz von mir, man, der klingt ja moralisch ganz schön verwerflich… 🙂 )

    Matthias

    • tante schreibt:

      Wenn Du in der Hinsicht mal was schreiben möchtest, um zu zeigen, wie Du das Problem weniger „fatalistisch“ angehen willst, dann würden wir uns freuen das hier zu veröffentlichen!

      Sicherlich sind einige Thesen und Posts hier sehr klar als Gegengewicht gegen die Datenschutzhysterie gebaut und daher wenig „kooperativ“, aber im Moment sehe ich es eher als wichtig an, den Menschen zu verdeutlichen, wo die Grenzen des Mechanismus Datenschutz liegen. Dass dabei vielleicht manchmal ein wenig Unwohlsein entsteht nehme ich in Kauf, wenn den Leuten dadurch klar wird, wie wenig „Schutz“ ihnen eben geboten wird.

      Wir „Techies“ reden gerne von Medienkompetenz, die notwendig ist und ich glaube, dass durch sehr klare und nicht weichgespülte Darstellung des Problemes mehr Bewusstsein geweckt wird.

      Du stimmst ja in einigen Thesen durchaus mit uns überein, wie wärs also mal mit nem Ansatz von Dir? Vielleicht ein „Der Blick eines Datenschützers auf die Spackeria: Wo sie recht und wo sie unrecht hat“?

      • Matthias Pfützner schreibt:

        Du kannst mir glauben, daß, wenn ich einen Ansatz zu einer Lösung hätte, ich hier schon längst tonnenweise Beiträge geschrieben hätte. Mehr als das, was ich oben schrieb, natürlich ergänzt um ergebnisoffene Diskussionen um mögliche Lösungsansätze und -formulierungen (von -ausarbeitung möchte ich noch gar nicht sprechen!) und die sog. Medienkompetenz, fällt mir aber leider derzeit auch nicht ein… Evtl. reagiere ich deswegen so ein wenig ungehalten, weil das immer wieder gebetsmühlenartige Wiederholen des „Stating the obvious“ auch mich nur an meine Ohnmacht erinnert?

        Ich bin übrigens kein Datenschützer! (denn: Nicht die Daten müssen geschützt werden (obwohl: Sie sollten mit Respekt behandelt werden!), sondern der Mensch muß vor dem Mißbrauch der Daten geschützt werden. Und das ist viel schwieriger, wenn man es in einer offenen freiheitlichen Grundordnung erreichen möchte.

        Im übrigen verweise ich auf einen meiner ersten Blogbeiträge zur Spackeria:

        http://blogs.pfuetzner.de/matthias/?p=547

        Unter http://blogs.pfuetzner.de/matthias/

        findet sich ja auch noch ein wenig mehr…

        Matthias

  4. Ursula von den Laien schreibt:

    Wenn die Gesetze Deiner Meinung nach ohnehin weitestgehend unwirksam sind, wozu sollte man diese dann noch ändern oder abschaffen?

    • tante schreibt:

      Wenn das auf Datenkontrolle basierende Datenschutzgesetz nicht das tut, was wir uns von ihm erwarten, dann ergibt es meiner Meinung nach wenig Sinn, sie weiterhin als „gegeben“ zu betrachten, nichts zu tun und den Menschen so eine falsche Sicherheit vorzugaukeln. Meiner Ansicht nach ist es unsere Aufgabe nun einen neuen Ansatz zu finden und – falls möglich und nötig – in Gesetzesform zu gießen.

  5. matthiasr schreibt:

    Ich finde das Argument, Gesetze seien ja sinnlos, weil sie möglicherweise(!) nicht durchgesetzt werden können, ein bisschen schwach.

    Ja, mit hinreichend krimineller Energie ist es möglich, Gesetze zu brechen und davon zu kommen. Nicht jeder Mord in Deutschland wird aufgeklärt – aber das spricht doch nicht dagegen, das Töten von Menschen per Gesetz normativ abzulehnen und zu bestrafen. Das zu 100% umzusetzen würde ebenfalls eine Totalüberwachung erfordern – und aus der Abwägung zwischen Freiheitsrechten und der Durchsetzung bestehenden Rechtes ergibt sich eben eine gewisse zu findende Balance, die unter Umständen eben auch bedeutet, dass nicht jeder Verstoß geahndet werden kann.

    Die Frage ist also nicht, ob es dem „Freund“ möglicherweise theoretisch möglich wäre, ein Foto entgegen eines Verbotes ungeahndet hochzuladen, sondern ob das normative „Das macht man nicht.“ in Gesetze gegossen werden soll oder eben nicht.

    • tante schreibt:

      Gesetze sind nicht allgemein sinnlos. Unser Ansatz, den wir auf der „Datenschutz als Kontrolle“ Denkweise in Gesetzen codifiziert haben, scheitert. Deshalb sind nicht Gesetze allgemein sinnlos sondern diese Gesetze, die ihren Zweck nicht erfüllen. Vergleichen wir das mal zu Zensursula’s Stoppschild. Da sollten „Kinder geschützt“ werden, es zeigte sich aber schnell, dass der gesetzlich codifizierte Ansatz absolut nicht das tat, wofür er eingeführt wurde, aber sogar negative Nebeneffekte hatte, die es unbedingt zu vermeiden gab. Folglich nahm man das Gesetz zurück. Im Datenschutz haben wir eine ähnliche Situation.

      Sicherlich gibt es in der Realität de facto nie 100%ige Durchsetzbarkeit von Gesetzen, was es hier zu zeigen galt, ist eben, dass, ähnlich wie in der Urheberrechtsdiskussion, die Durchsetzbarkeit der Gesetze einerseits kaum möglich und der Verstoß dagegen wiederum sehr einfach und in bestimmten gesellschaftlichen Gruppen sogar als „ok“ betrachtet wird.

      Mit dem Argument „Ja, das Gesetz funktioniert nicht gut, aber immerhin manchmal“ könnten wir ja konsequenterweise auch gleich die Zensursulastoppschilder wieder rausholen. Das Problem ist sicherlich die Messung des Faktors „Durchsetzbarkeit“, dahabe ich hier auch kein Patentrezept, aber da ich die Datenschutzrechte meines Kumpels de facto schon verletze, wenn ich auf twitter schreibe, dass ich ihn gerade noch bei sich zu hause gesehen habe, kannst Du mal überschlagen, wie oft Du so am tag das Bundesdatenschutzgesetz brichst und wie sinnvoll es dann noch ist.

      • Stefan schreibt:

        Die Stoppschild-Sache wurde aber nur deshalb abgeblasen, weil sich in „Löschen statt Sperren“ eine (etwas) zweckmäßigere/logischere Alternative gefunden hatte, um dasselbe Ziel („Kinder zu schützen“) zu verfolgen. Daher greift dieser Vergleich überhaupt nicht.

        • tante schreibt:

          Eben genau diese sinnvolle Alternative ist ja wonach wir hier suchen wollen. Wäre das Stoppschild Deiner Meinung nach OK gewesen, wenn es „löschen statt sperren“ nicht direkt gegeben hätte?

          • Stefan schreibt:

            Nein, wäre es nicht. Dass ihr/wir hier nach Alternativen sucht/en kommt in den Beiträgen leider kaum rüber, sondern es wird eine Resignations-Stimmung verbreitet, dass es eh keinen Ausweg gäbe als Ideen von so etwas wie Datenschutz/Privatsphäre komplett über den Haufen zu werfen ( – um nochmal ziemlich verharmlosend auf den Vergleich Bezug zu nehmen: KiPo zu legalisieren).

      • matthiasr schreibt:

        Zensursulas Stoppschilder sind natürlich ein wunderbares Beispiel für das, was ich nicht meine – die haben einerseits normativ nichts neues beigetragen (denn KiPo zu hosten war und bleibt verboten), sondern bezogen sich rein auf die Durchsetzung, und da waren die ergriffenen Maßnahmen eben zugleich unwirksam und unverhältnismäßig.

        Mir geht es darum, die m.E. unzuverlässige Vermischung der Diskussion darüber, was richtig ist, und der Diskussion darüber, was hart durchsetzbar ist, aufzuzeigen. Und ich finde Fotos anderer gegen deren erklärten Willen zu veröffentlichen, zumindest sehr bedenklich. Sollte das in Gesetzesform gegossen werden/bleiben? Ich weiß es nicht. Sollte deswegen das ganze Internet vernagelt werden? Nein. Was ist? wenn kein Wille erklärt wurde? Dann hängt alles irgendwie vom Kontext ab, und das ist kaum kodifizierbar.

        Aber jede Diskussion über Normen mit Extrembeispielen (wie viele der Partyfotos-bei-Facebook-hochladenden wissen denn überhaupt, was TOR ist?) und „Wir werden alle störben!!1!“-Rhetorik („Aber der Rechtsstaat!“) wegzudrücken halte ich für falsch.

        • tante schreibt:

          Ich halte es auch keineswegs für „richtig“ gegen den Willen anderer Fotos zu veröffentlichen, aber es findet nunmal statt, und genau gegen solcherlei Missbrauch soll ja Datenschutz angeblich wirken.

          Und dass die Diskussion über Extrembeispiele geführt wird, ist ja nicht nur von unserer Seite aus so: Datenschutz als Grundsatz wird in seiner Notwendigkeit ja auch über „Stasi“ oder „Nazis“ oder „Facebook verkauft alles über Dich“ legitimiert. Das Problem mit der Diskussion über Gesetze ist halt oft, dass die Randfälle hochkomplex werden.

          In diesem Falle ist es eben allerdings so, dass die gegebene Situation nicht nur in Extremfällen scheitert, sondern (wie ich oben mit meinem „Ich sage was über nen Freund aus auf Twitter“) schon im „normalen Leben“ nicht funktioniert bzw. uns kriminell macht.

    • Das Problem ist weniger die Durchsetzbarkeit von Gesetzen sondern vielmehr wie verbreitet der Wille ist, ein Gesetz einzuhalten. Bei Mord besteht der breitest mögliche gesellschaftliche Konsens, die entsprechenden Gesetze ein zu halten. Bei anderen Gesetzen ist das nicht so.
      Das gilt zum Beispiel für das Betäubungsmittelgesetz. Breite Bevölkerungsschichten scheren sich nur eingeschränkt darum und erzeugen eine contralegale Nachfrage. Diese führt wiederum zur Etablierung organisierter Kriminalität mit massiven negativen „Nebenwirkungen“. Der stupide Bann von Drogen lässt sich zwar in Wahlen gut verkaufen ist aber legislativer Unfug. Das Problem muss anders angegangen werden. Mehr dazu hier.
      Der Stupide Bann von Datenweitergabe ist ein ähnlicher Unfug. Es bestehen massive wirtschaftliche und sogar exekutive Interessen (Strafverfolgung) entsprechende Gesetze zu umgehen, die Gesetze sind praktisch nicht durchsetzbar und ein großer Teil der Bevölkerung schert sich kaum darum. Daher führen derartige Gesetze neben den anderen im Artikel thematisierten Problemen nur zur Kriminalisierung von Teilen der Wirtschaft und zur Förderung der organisierten Cyberkriminalität (Datenraub und -Handel). Solche Verbote sind absolut kontraproduktiv.

      • Stefan schreibt:

        Grundsätzlich denke ich auch, dass der Wille der Leute, die Gesetze einzuhalten, das Entscheidende ist – zwischen ihm und dem Gesetz existiert eine gewisse (beidseitige) Rückkopplung. Aber in Bezug auf Datenschutz/-weitergabe verstehe ich deine Argumentationsweise nicht: Was momentan „kriminalisiert“ wird, ist ja genau, was du als Cyberkriminalität bezeichnest. Wenn das jetzt legal wäre, würde es doch nichts daran ändern, dass diese Tätigkeiten eigentlich trotzdem noch beschissen sind. Es hört sich so an, als solle Diebstahl verhindert werden, indem alles Eigentum abgeschafft wird – wäre natürlich eine sehr effektive Maßnahme. 🙂

        • Beim Datenschutz sind folgende Bedingungen erfüllt:
          Es gibt praktisch kein Unrechtsbewusstsein bei den für die Daten Verantwortlichen. Das Unrechtsbewusstsein ist noch wesentlich geringer ausgeprägt als bei anderen „Vergehen“ wie Kiffen oder Kulturverbreitung („Raubkopie“). Aktive Verstöße lassen sich nur in Ausnahmefällen nachweisen und ahnden. Die Vermeidung passiver Verstöße (Datenlecks, Datendiebstahl) erfordert immenses Know-How und ist bei massiven Hacker-Angriffen praktisch unmöglich.
          Datenschutz definiert also ein Verbrechen, dessen sich die Verbrecher nicht schuldig fühlen, das zu vermeiden erheblich Anstrengungen kostet und was zu vermeiden in letzter Konsequenz kaum möglich ist. Der Kauf von (teils illegal erworbenen) Daten ist hingegen meist legal. Hier ist der Kontakt zu Kriminellen in vielen Fällen wahrscheinlich schon hergestellt. Wenn man den Bürgern das Rechtsempfinden in der Cyberwelt abtrainieren wollte, könnte man es kaum besser machen.
          Zum Diebstahl: Wenn Du Dir eine hübsche Figur schnitzt und ich nehme sie Dir einfach weg, dann würden das die meisten Menschen auf der Welt als ungerecht empfinden. Das kann ich nicht durch die Abschaffung des Eigentums-Konzeptes verhindern. Wenn mich aber wer fragt wo denn der Stefan sei und ich sage der hängt bei den Spackos ab, dann kann dafür nur sehr schwer ein Unrechtsempfinden herbeidefinieren. Das ist etwas ganz anderes.

          • Stefan schreibt:

            Dass Datenschutz technisch nicht sichergestellt werden kann, dem stimme ich zu – erstrecht im kommerziellen/gewinnorientierten Umfeld. Deswegen denke ich jedoch, dass es ein okayes Vorgehen der klassischen „Datenschützer“ ist, „Datensparsamkeit“ zu propagieren.

            Deine Annahme was das Eigentums-Konzept angeht teile ich nicht. Eigentum ist genau so ein Konstrukt wie Privatsphäre bzw. Datenschutz (ich gebe zu, ich bemühe mich jetzt nicht die Begriffe P./D. genauer zu differenzieren). Es kann doch sein, dass die Menschen, wenn sie nicht so eine Eigentumsvorstellung im Kopf hätten, die Vorstellung haben, dass insgesamt alle viel glücklicher sind, wenn vielleicht jeder mal die Figur in der Hand hatte. – Und ich es auch nicht schlimm fände wenn mir die Figur genommen würde. Eine „Post-Property“-Society. [Kommunismusvergleiche sind OK und fallen nicht unter Godwin’s Law, oder? :]

  6. fb schreibt:

    Liebe tante,
    ich habe kurz überlegt, eine Antwort zu bloggen, aber nach dem zweiten Mal Lesen entschieden, dass dein Text das nicht wert ist. Er enthält keine schlüssigen Argumente und streng genommen überhaupt keine Substanz. Es bleibt zu wüschen, dass ihr niemals an entscheidende Positionen dieser Gesellschaft gelangt. Für die Demokratie seid ihr genau so gefährlich wie Neonazis, und das sage ich als Ossi.

    • bobman schreibt:

      Godwin’s Law. Dankeschön.

    • Lieber Ossi,

      du hast einen Godwin gepullt, du hast dich in der Diskussion disqualifiziert.

    • tante schreibt:

      Lieber fb,

      Einerseits bin ich irritiert, hier eine Antwort Deinerseits zu sehen, wenn der Text es dann doch nicht wert ist, aber Schwamm drüber, wir nehmen das hier alle ja nicht so genau.
      Nun zum Inhalt.

      Wenn die Argumente des Textes Dir nicht schlüssig genug sind, dann ist das von Dir schon gefundene und genutzt Kommentarfeld ein exzellenter Ort, um die Schwächen der Argumentation aufzuzeigen. Solange das nicht passiert, muss ich davon ausgehen, dass kein inhaltlich fundierter Widerspruch besteht, sondern es nur ein allgemeines „es kann nicht sein, was nicht sein darf“ Dingsi ist.

      Ich weiß jetzt nicht, was „entscheidende Positionen dieser Gesellschaft“ für Dich sind, aber ich persönlich strebe keine politische Karriere an. Ich bin Wissenschaftler, ich versuche die Welt zu analysieren, zu beschreiben und im Zweifelsfall bessere Optionen zu erarbeiten. Ob das „entscheidend“ ist ist mir ersteinmal egal.

      Dein letzter Satz brachte mich dann doch zum Nachdenken. Dass Du es fertigbringst, die wissenschaftliche Arbeit und Beschreibung von Problemen in der Realität mit der physischen Gewalt gegen Andersdenkende, Asylbewerber oder sonstige Gruppen von Menschen (zumindest in ihrem „Gefahrpotential“) gleichzusetzen, finde ich persönlich doch schon äußerst ekelig.

      Aber was genau der ganze Kram dann mit Deiner Geburtsstätte bzw. der Lage dieser zu tun hat, will sich mir nun so gar nicht mehr erschließen. Braucht man aber vielleicht auch eine andere Denke für als ich habe.

      Mit freundlichen Grüßen
      tante

      • gasteria schreibt:

        Demokratie setzt nun mal auch auf Privatsphäre und Minderheitenschutz. Da ist schon bischen was wahres dran. Natürlich seid ihr keine bösen Nazis. Eher „Little Brothers“.

        • tante schreibt:

          Das Demokratie auf Minderheitenschutz setzen muss will ich ja noch durchgehen lassen (auch wenn reines Mehrheitswahlrecht auch durchaus denkbar wäre und es weiterhin eine Demokratie wäre meiner Einschätzung nach). Eine Definition von Demokratie, die allerdings Privatsphäre (in welcher Form auch immer) voraussetzt, kenne ich hingegen nicht.

          Wie schon hier beschrieben, glaube ich nicht, dass man Privatsphäre und Datenschutz in einen Topf werfen darf, ich sehe das als zwei sehr unterschiedliche Dinge und der Text oben beschäftigt sich einfach mit der Krücke „Datenschutz“, die eine Privatsphäre im Sinne von „Datenkontrolle“ ermöglichen soll.

          • gasteria schreibt:

            …geheime Wahlen…

          • tante schreibt:

            Das Wahlrecht in der Bundesrepublik ist so gebaut, dass die Wahl geheim sein muss (um Manipulationen durch das Kaufen von Stimmen bzw. Sanktionen für bestimmte Wahlen schwieriger zu machen). Ein Wahlrecht muss aber keineswegs so sein, das Geheimnis ist nur eine Mögliche Facette.

          • gasteria schreibt:

            Nein, als Grund reicht schon: es geht niemanden was an. Man muss da gar nicht erst irgendwelche hypothetischen Nachteile konstruieren und dann widerlegen oder anderweitig bekämpfen. Ncht geheime „Wahlen“ gibt es nur in totalitären Systemen.

          • tante schreibt:

            „geheime“ Wahlen heisst ja nicht nur „dass das keinen was angeht“, was ja nur sagt, dass Dir keiner Nachspionieren darf, Du darfst Deinen Wahlzettel ja nichtmal in der Öffentlichkeit ausfüllen eben um Missbrauch zu vermeiden. Wenn es nur um deine „Privatsphäre“ ginge, gäbe es ja keinen Zwang zur geheimen Wahl.
            Und nichtgeheime Wahlen nur in Totalitären System ist auch grundlegend falsch: Eine wirkliche gute, transparente Liquid Democracy Implementierung ist vielleicht nicht mehr geheim (eben weil ich ja sehen will, wo die Unterstützung her kommt), aber keinesfalls totalitär.

          • Ursula von den Laien schreibt:

            Datenschutz soll auch der freien Entfaltung der Persönlichkeit dienen, ein elementarer Bestandteil jeder Demokratie, unabhängig davon, dass manche dazu (hier und heute!) möglicherweise keine Privatsphäre benötigen. Es sollte jedem weitestgehend selbst überlassen bleiben, wo er für sich persönlich die Grenze zieht, und dieses Recht der freien Wahl gilt es zu schützen.

            Dass dadurch gelegentlich gesellschaftliche Missstände kaschiert und eventuell konserviert werden, ist zwar richtig, aber es sollte dem mutigen Individuum obliegen, als Betroffener an die Öffentlichkeit zu treten, denn einen vollständigen Schutz vor Konsequenzen kann wohl niemand garantieren, womit wir auch wieder bei der Wirksamkeit von Gesetzen wären.

          • tante schreibt:

            Datenschutz „soll“ vieles. Das haben wir hier ja auch schon mal dargestellt. Der Punkt, der hier vertreten wird, ist dass Datenschutz das Ziel, welches er zu erreichen versucht, nicht erreichen kann und das wir deshalb ein anderes Konzept brauchen: Entweder wir finden eine andere Mechanik als den bestehenden Datenschutz (unwahrscheinlich), wir definieren Privatsphäre anders (einige Definitionen dafür haben wir hier ja schon dargestellt) und wir geben das Konzept auf.

            Die von Ursula dargestellte immanente Einheit von Datenschutz und Persönlichkeitsentfaltung wurde ja auch schon in früheren Artikeln ganz klar als falsch dargestellt, an der Stelle würde ich drum bitten entweder das mal klarer voneinander zu trennen oder mir widerspruchsfrei zu zeigen, dass man freie Persönlichkeitsentfaltung per Definition nur über Datenschutz realisieren kann.

          • Ursula von den Laien schreibt:

            (Irgendwie scheint der Thread ein wenig durcheinandergekommen zu sein.)

            „Die von Ursula dargestellte immanente Einheit [? — sehe ich nicht] von Datenschutz und Persönlichkeitsentfaltung wurde ja auch schon in früheren Artikeln ganz klar als falsch dargestellt [welchen?], an der Stelle würde ich drum bitten entweder das mal klarer voneinander zu trennen oder mir widerspruchsfrei zu zeigen, dass man freie Persönlichkeitsentfaltung per Definition nur über Datenschutz realisieren kann.“

            Eine Gesellschaft frei von Vorurteilen und Diskriminierung existiert in der Realität nicht (und wird es wohl nie). Aus diesem Grund, und auch um vor staatlicher Repression zu schützen, gibt es ein Recht auf Privatsphäre als Vehikel, ein Recht auf die Abwesenheit von ständiger Beobachtung oder Überwachung, und dadurch auch auf ein gewisses Maß an „Anonymität“.

            Datenschutz im engeren Sinne ist nur ein Mittel, um zu informationeller Selbstbestimmung beizutragen, die als ein Bestandteil der bzw. eine Voraussetzung zur freien Entfaltung der Persönlichkeit angesehen wird. Informationelle Selbstbestimmung geht über das Konzept von Privatsphäre hinaus und ist auch nur ein Teil des Persönlichkeitsrechts.

            Wie ihr ohne Datenschutz informationelle Selbstbestimmung gewährleisten wollt, bleibt Euer Geheimnis, oder ihr lehnt diese gänzlich ab. Dass Datenschutzgesetze nicht in jedem Fall greifen bzw. wirksam werden können, mitunter auch „Stilblüten“ in der Anwendung treiben oder als Vorwand für Intransparenz genutzt werden, sowie alleine nicht ausreichend sind, wird wohl von kaum jemandem bestritten.

      • Ursula von den Laien schreibt:

        Einmal abgesehen von der Frage, ob es sich bei diesem Blogbeitrag um eine wissenschaftliche Arbeit handelt, gibt es durchaus auch geistige Brandstifter, die nicht weniger gefährlich sind.

        Auch wenn einige Überwachungsfetischisten (und professionelle Datensammler) applaudieren oder sich still ins Fäustchen lachen, eine Gefahr für die Demokratie seitens der Spackeria sehe ich derzeit allerdings noch nicht. 😉

        Einer sachlichen Debatte haben so manche öffentliche Auftritte und Artikel aber eher geschadet.
        In Ermangelung eines durchdachten Konzeptes erscheint es wenig verwunderlich, dass viele Euch als destruktiv empfinden.

  7. gasteria schreibt:

    Gilt Post-privacy eigentlich auch für interne Unternehmensdaten, oder bleiben die geheim und der Überwachungsstaat muss über sie wachen und Sharer verfolgen? Bei Facebook erfahre ich zwar alles über euch, aber wenig über Facebook-Interna. How come?

    • tante schreibt:

      Unternehmen haben keine Privatsphäre, nur natürliche Personen können Privatsphäre haben (deshalb zielt das Datenschutzgesetz ja auch nur auf Personen). Weshalb Du von Facebook nix siehst, hat was mit schlichter Geheimhaltung zu tun: Facebook hat keinen Mehrwert dadurch, dass sie ihr Vorgehen und ihre Algorithmen offen legen, also halten sie die geschlossen als Geschäftsgeheimnis. Ganz einfach.

      • gasteria schreibt:

        Ja,aber wenn jetzt doch jemand mal plaudert und Internes leakt? Zb., weil er gefeuert wurde? Soll der dann schon verfolgt werden, oder geht dann halt Facebook kaputt, weil ihre Geschäftsgeheimnisse als Torrent bei den Mitbewerbern landen, hauptsache Post-privacy? Das sind ja auch fast die interessanteren Daten: Wieviel verdienen die womit, was steht in den Verträgen, was ist die Strategie fürs nächste Jahr, usw. Oder: was will Aplle 2012 neues präsentieren? Höchst brisant. Aber ich nehme an, der Leaker soll dann natürlich NICHT verfolgt werden. Alles andere wäre ja Heuchelei.

        • tante schreibt:

          Wenn Du Geschäftsgeheimnisse Deines Arbeitgebers „leakst“, dann hat das aber schon rein formal nichts mit Privacy oder Datenschutz (und folglich auch nicht mit Post-Privacy) zu tun, da gehts um Deine Treuepflichten Deinem Arbeitgeber gegenüber bzw. um die unterschriebenen Verträge hinsichtlich Geheimhaltung. Ist auch ganz egal wie viel Geld da fließt, Wirtschaftsspionage hat mit dem Spackeria Kontext an sich gar nichts zu tun.

          • gasteria schreibt:

            Aber den soll dann demnach schon der Überwachungsstaat verfolgen? Du drückst dich um die Antwort, sag doch einfach „ja“.

          • tante schreibt:

            Wie gesagt, das ist kein Spackeria Thema.

            Persönlich sehe ich das so: Wir leben in einem Staat, der sagt, dass man sich an Verträge und Gesetze halten muss, also kann eine Firma, wenn sie herausfindet, dass ein Mitarbeiter die Informationen an die Konkurrenz verteilt hat, dort Regressansprüche geltend machen. Bei Whistleblowern fehlt uns ein gesetzlicher Schutz (und ich weiß auch nicht, wie der aussehen soll, aber darüber haben wir ja vor einigen Tagen mal was geschrieben). Das geht (wie bisher gezeigt) ja auch ganz gut ohne „Überwachungsstaat“, auch wenn der Innenminister uns da gerne was anderes erzählen möchte.

          • gasteria schreibt:

            Dann heißt post-privacy also nicht „love data“, sondern „love private data of other people, but not data of companies, because this is forbidden and you will be prosecuted“.

            Und der Staat muss ein starker Staat bleiben, um die Leaker zu verfolgen, aber soll Facebook nicht gängeln. Weil das könnte er ja mit den selben Mitteln, mit denen er die Leaker verfolgt/verfolgen muss. Also, um Leaken zu verhindern, brauchen wir evtl. doch die Vorratsdatenspeicherung, nur Datenschutz für Privatleute ist obsolet? Ich dachte, post-privacy „kommt“ einfach von alleine, weil der Staat Datenschutz nicht durchsetzen KANN. Ich bin bischen überrascht, dass er Geschäftsgeheimnisse und Einhaltung von Verträgen/non-disclosure-agreements weiterhin durchsetzen soll/kann, mit den selben alten Mitteln. Naja,eigentlich auch nicht so überrascht.

          • tante schreibt:

            Love Data heißt, love data. Postprivacy kann sich per Definition ganz einfach nicht mit Dingen beschäftigen, die nicht „Privacy“ related sind (wie viele Geschäftsgeheimnisse). Datalove und Postprivacy und Datenschutzkritik sind alles irgendwie verwandte Themen aber sie sind bei weitem nicht identisch, und bei einer Gleichsetzung, wie Du sie vornimmst, wird man viele Probleme nicht lösen können, ganz einfach weil man sich der klar definierten Grundlagen beraubt.

            Ein Beispiel.
            Der Staat kann Dich nicht wirksam schützen, wenn Du auf einmal ein Foto von Dir auf 4chan findest. Weiß man nicht wers hochgeladen hat, wurde kopiert und kopiert und kopiert. Hat der Staat keine Chance, ausser er überwacht alle Menschen.
            Wenn Du der Entwickler der Gesichtserkennung bei Facebook bist und der Algorithmus morgen irgendwo steht, dann ist klar, dass Du das warst, Dein Chef zeigt Dich an und das Verfahren nimmt seinen Lauf. Das funktioniert, weil in einer Firma klar ist (bzw. sein sollte) wer Zugang zu welchen Daten hat, man muss da kaum Menschen untersuchen. Du kannst Deinem Chef ja eh nur beschränkt mit Datenschutz kommen: Der darf Deine privaten Mails vielleicht nicht lesen, aber Deine beruflichen schon, selbst wenn Du sagst, dass da ja auch Deine Persönlichkeit drin steckt.

            Du musst einfach die Begriffe etwas klarer trennen und mal genau schauen, was wohin gehört.

          • gasteria schreibt:

            Schon klar: Aber ich rede ja von den Konsequenzen, die das hat. Ihr argumentiert, der Staat könne Datenschutz nicht mehr gewährleisten, ohne zum Überwachungsstaat zu mutieren, was er ja nicht soll. Ich sage, um andere Daten zu schützen (Geschäftsgeheimnisse etwa), muss er das ja so oder so. Und wenn er schon dabei ist, kann er ja gleich auch noch den Datenschutz durchsetzen, mit der selben Infrastruktur.

            Oder aber die Unternehmen werden genauso (zwangsweise) „offen“ wie wir Privatbürger es werden sollen. Warum nicht – ist doch eine schöne Utopie! Ansonsten hieße es ja: geheimniskrämerische Konzerne, schwacher Staat, aber nackte Bürger – keine schöne Utopie in meinen Augen.

      • Ursula von den Laien schreibt:

        Transparenz von Unternehmen, die mit unseren Daten umgehen, sollte ein Thema der Spackeria sein.

  8. gasteria schreibt:

    https://lqfb.piratenpartei.de/pp/initiative/show/1574.html

    Datenschutz gibts für den Bürger nur vor dem bösen (demokratischen) Staat, aber blos nicht vor der lieben (undemokratischen) Wirtschaft – die darf alles was an Daten geht, erheben. Und wenn der böse Staat sich die Daten dann einfach bei den lieben Social-Media-Unternehmen kauft? Naja, für mich wars das dann mit der Piratenpartei, tschüssikowski und viel Spaßnoch, aber hoffentlich nie in Parlamenten.

    • fasel schreibt:

      ob ich den Staat beim direkten Sammeln von Daten, oder bei der Beschaffung von Datensammlung anderer reguliere, macht kein Unterschied. Wenn wir bestimmte Technologie oder Datensammlungen trotz einvernehmen mit den Usern verbieten, beschneiden wir damit letztlich Kommunikationsmöglichkeiten und damit wiederrum Freiheitsrechte von uns selbst, dem Bürger

      • gastwirtschaft schreibt:

        Solche tollen Kommunikationsmöglichkeiten wie den Facebook-Like-Button, mit dem Facebook mich als Nichtmitglied trackt, oder das Adressbuch, in dem ich stehe und somit via Bekannte bei Facebook lande, obwohl ich mich dort bewusst nie angemeldet habe? Das wäre ja schrecklich, wenns das nicht mehr gäbe!Das wäre ja kurz vorm Gulag! Diese Unterdrückung!!

        Im Ernst: Inwiefern werden deine Freiheitsrechte beschnitten, wenn ich mich von Facebook nicht ausspionieren lassen möchte und den Laden insofern reguliert sehen möchte, dass er mich als Nichtmitglied zufrieden lässt? Du kannst das doch trotzdem gerne weiterhin tun – freiwillig. Ich wüsste nicht, dass irgendjemand irgendwie daran gehindert wird, sich bewußt zu entblößen, außer der Exhibitionist im Park, der unbedingt sein bestes Stück herumzeigen will.

        Aber die unbedarften DAUs, die bei Facebook an der Nase herumgeführt werden, und per opt-out (irgendwo versteckt) was abwählen müssen, was sie vielleicht gar nicht verstanden haben, und nicht per opt-in frei eine Entscheidung für ein neues Angebot treffen (denn dagegen wehrt sich Facebook komischerweise mit Händen und Füßen – sie wissen wohl, warum), das erinnert doch alles eher an Klingeltonabos und Hausaufgaben.de-Abzocke, als an die „Freiheit des Konsumenten“.

        Zusammenfassend klingt ihr da eher wie die FDP, die sich gegen die schröckliche Regulierung von Werbecallcentern und anderen Gaunern wehrt – weil das ja die „Freiheit des Unternehmers“ beschränkt, heul. Und nicht wie eine Partei, die für die BÜRGER eintritt. Ich hoffe, die Grünen nehmen diese Steilvorlage auf und machen Wahlkampf damit gegen die Piraten.

        • fasel schreibt:

          ganz einfach: Es ist ein Türöffner.
          Wenn du nach der Datenschutznanny schreist, kommt am Ende die Regulierungskeule bei raus. Du willst nicht getrackt werden, dann block halt die Domain von Facebook, oder installier ein privacy-addon. Gib deine Adresse nicht an deine „DAU“-Freunde, wenn die damit nicht umgehen können, noch besser: klär sie auf.
          Jeder im Internet ist Anbieter, kann zu mindest einer werden, der ist von der Regulierung auch betroffen. Von so Datenparanoia muss man sich seine Freiräume jedenfalls nicht unnötig kaputt machen lassen.
          Regulierung bei echter Abzocke finde ich übrigens richtig, das Listenprivileg finde ich falsch.

          • gastritis schreibt:

            Was war jetzt an Regulierung von Unternehmen eigentlich noch mal so schlimm?
            Sagt dir der Begriff „Primat der Politik“ was?

        • Ferenjito schreibt:

          Wenn du Facebook so schlimm findest, programmiere doch eine Alternative. Wenn den Leuten wirklich so viel an deinen Vorstellungen über Datenschutz liegt, würden sie in Scharen zu dir abwandern.

          • gastritis schreibt:

            Warum sollte ich, ich besitze bereits genügend Geld, und pflege auch nicht einen oberflächlich-zynischen Umgang mit anderen Menschen wie Zuckerberg, dessen Karriere damit begann, dass er seine Kommilitonen immer zwei (leider nur geklaute) Fotos seiner Kommilitoninnen vergleichen ließ, welche denn „hübscher“ sei – daher auch der Name. Das ist nicht mein Niveau. Ich habe weder Ambitionen, Milliarden-Investments einzusammeln, noch fühle ich mich als Pseudo-Prophet, der unbedingt Leuten „helfen“ muss, sich zu „connecten“, weil sie zu blöde sind, Email zu bedienen oder wie die Lemminge jedem angesagten Quatsch hinterherlaufen.

            Andersherum wird ein Schuh draus: Wenn du Facebook so hip und geil findest und alle deine wahnsinnig interessanten Kumpels da nun auch sind, dann bleib doch – auch wenn Millionen Firstmover gerade beginnen abzuspringen. Dafür wird sich da nun bald auch dein Bäcker, dein Friseur, deine Tante oder dein Chef mit dir „connecten“. Echt super!

            Lesetip:

            http://www.eff.org/deeplinks/2010/04/facebook-timeline/

            http://redstarcoven.com/2011/05/19/why-i-closed-my-facebook-account/

      • Ursula von den Laien schreibt:

        „Wenn wir bestimmte Technologie oder Datensammlungen trotz einvernehmen mit den Usern verbieten, beschneiden wir damit letztlich Kommunikationsmöglichkeiten und damit wiederrum Freiheitsrechte von uns selbst, dem Bürger.“

        Niemand verbietet Dir, Deine Daten preiszugeben und wie auch immer sammeln und verarbeiten zu lassen, auch nicht den entsprechenden Unternehmen, Dein explizites Einverständnis vorausgesetzt.

        Der Gesetzgeber fordert jedoch eine gezielte, möglichst präzise (und verständliche) Aufklärung eines jeden „Nutzers“ über Ausmaß und Art der Daten und deren Verarbeitung (inklusive des Zwecks), damit dieser eine bewusste, „informierte“ Entscheidung treffen kann, und zwar bevor seine Daten erhoben bzw. gespeichert und verwendet werden. Gerade hiergegen verstoßen einige Unternehmen (allgemein „Diensteanbieter“, zu denen auch zunehmend Privatpersonen gehören) regelmäßig, insbesondere wenn sie Umfang oder Zweck erweitern.

        Eine Einschränkung der Freiheit der Nutzer oder deren Bevormundung kann ich hierbei nicht erkennen.

        • fasel schreibt:

          Nicht erst seit heute gibt es Gruppenfotos oder Tweets mit Erwähnungen Beteiligter und der Geolokation. Das nimmt zu und nicht ab. Dass man nicht mehr über- und miteinander sprechen darf, wäre keine Bevormundung oder Einschränkung?
          Abzusehen sind auch Sensornetzwerke die autonom Daten generieren. Da gibts dann nichtmal eine Moralinstanz die entscheiden könnte ob oder ob nicht veröffentlicht werden soll.

          Man muss ich mal von der Idee verabschieden, dass es meine oder deine Daten gibt. Geistiges Eigentum ist ein unhaltbares Konzept

          • Ursula von den Laien schreibt:

            Niemand (abgesehen von ein paar bösen™ Firmen XD) zwingt Dich, in aller Öffentlichkeit mit anderen oder über andere zu sprechen. Insbesondere in letzterem Fall sollte jedem klar sein, dass das in der Regel ein zumindest begründet anzunehmendes Einverständnis der (namentlich genannten oder leicht identifizierbaren) Personen, über die Informationen verbreitet — d.h. im Zweifelsfall weltweit publiziert — werden, voraussetzt.

            Das war auch vor dem Internet oder „sozialen“ Netzwerken nicht anders, und hat mit geistigem Eigentum nur in den allerwenigsten Fällen etwas zu tun.

            Auf die „autonomen Sensoren“, die außerhalb der Verantwortung anderer agieren, müssen wir wohl noch ein wenig warten…

          • gastritis schreibt:

            „Man muss ich mal von der Idee verabschieden, dass es meine oder deine Daten gibt“

            Dann schick doch rasch mal deine Konto-, Penis- und IQ-Daten rum – da haben wir ein Recht drauf!

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