Warum freie Daten wichtiger sind als fliegende Autos

Oder: Mein Vortrag auf der Webinale 2011

Das Internet ist frei und schön. Schöngeistig. Frei in seinen unendlichen Möglichkeiten, schön in seiner Abstraktion und Eigenheit. So ist es uns möglich mit dem anderen Ende der Welt zu kommunizieren, zu diskutieren, zu lachen und zu handeln. (Nunja, abgesehen von Sprachbarrieren und den weltlichen Einschränkungen wie Zoll zB) Wir können den Wind übereilen und vernetzen so die Menschheit, wie niemals zuvor. Wir entdecken die ganze Schönheit der Welt und können sie mit der Welt teilen. Wir lernen in der Wikipedia über das zufällige Anzeigen eines Artikels „Yamagashi“ kennen, eine aus Japan stammende religionsartige, ökosophische Bewegung. Wir genießen Roundphotography, eine faszinierende Technik, die wunderschöne Bilder hervorbringt. Wir lachen über Darth Vader auf Kölsch und wundern uns über sinnbefreite Web-Angebote wie Nyan-Cat. Ja, es geht tatsächlich darum zu twittern, wie lange man dieser Katze zusieht! Das Netz ist ein Ort der Kreativität, aber auch der Politik, des kritischen Denkens und der Revolutionen. Nicht nur technische Revolutionen deuten sich hier an, auch reale Revolutionen werden durch das Netz beschleunigt. Natürlich haben in den arabischen Staaten die Menschen die Revolutionen gemacht – sie kämpfen bis heute! Jedoch wurde ihnen mit dem Internet eine ideale Plattform für Vernetzung und Austausch gegeben, was wiederum der Revolution diente. Immer noch kommen minütlich Tweets mit dem Hashtag #25Jan rein, der Tag an dem die Revolution in Ägypten begann. Auch in Deutschland durften wir mit der Casa Guttenberg erleben, wie eine beschleunigte Welt politische Realitäten beeinflusst. Dass ist das Internet, was ich kenne, dass ist das Internet, dass ich liebe, dass ist das Internet, was ich jedem wünsche.

Im Internet hat sich ein neuer öffentlicher Raum gebildet, der Menschen zusammenbringt und Informationen zur Verfügung stellt. Grundsätzlich gibt uns das Internet und die umfassende Vernetzung und Digitalisierung von Daten neue Möglichkeiten der politischen und gesellschaftlichen Ordnung:

  • OpenData – Daten zur Verfügung stellen, die für Programme genutzt werden können, z.B. Mundraub – http://www.mundraub.org/map
  • Open Access
  • OpenGovernment – Wer tut wann was? Informationsfreiheit. Einsicht von Akten. Http://data.gov
  • Wikileaks – Veröffentlichen von geheimen Unterlagen, die z.B. Kriegsverbrechen aufdecken. „WikiLeaks-Dokumente wie diese hätten vor ihrer digitalen Miniaturisierung nicht geschmuggelt oder aufgrund ihrer physischen Schwere gar nicht transportiert werden können, geschweige denn gesichtet. In diesem Sinne hat die Digitalisierung von Wissen besagte ähnliche Ausmaße wie die Industrialisierung von Arbeitskraft, und wir stehen erst ganz am Anfang, wenn es darum geht, diese Ausmaße einschätzen zu können.“ [1]
  • Eigene Produktionsmöglichkeiten – Das ist Gutenberg 2.0 – Jeder wird zum Produzent. Massenmedien werden zu Medien der Masse. Aus dem 15 Minuten Ruhm wird der 15 Sekunden Ruhm.
  • Soziale Netzwerke – die Kommunikation wird dezentralisiert, Informationen verbreiten sich qua digitaler Mundpropaganda – der klassische Journalismus hat vielerorts ausgedient. Vernetzung findet schneller statt, Meinungen bilden sich rasanter – Bewegungen und Gegenbewegungen werden schneller und globaler gebildet.
  • Digitalisierung von Wissen: (1) Vereinfachter Transport von Daten durch Zusammenfassung und Miniaturisierung (2) Autopsie der Daten (3) Vermittlung und Visualisierung der Daten (4) Veröffentlichung der Daten für jeden im Internet [2]

Freie Daten bedeuten eine Demokratisierung von Wissen

Das Internet ist eben nicht nur eine Weiterentwicklung eines Technologiestranges, wie das fliegende Auto es wäre, sondern etwas Grundlegenderes; es ist das Betriebssystem des 21. Jahrhunderts. [3] Algorithmen formen unsere Wahrnehmung, unsere Beurteilungskraft. Deswegen müssen auch diese Daten frei sein, um eine Demokratisierung zu garantieren.

»While much of the 21st century still resembles the 20th in significant ways (we’re still waiting for those flying cars), the ability to ask a random question to a small device stored in your pocket or purse, and to usually get an accurate answer back within a few seconds, is a concept that even most celebrated futurists of the past didn’t foresee.« (Lauren Weinstein)

Und wie oft haben wir nicht schon die Erfahrunge gemacht: „Jemand hat sich diese Frage schonmal gestellt!“ denken wir uns und finden bei Google unsere Frage in exakt der gleichen Formulierung.

Chancen dieser Entwicklung, der Vernetzung und neuen informationellen Offenheit sind: Effizienz und leichtere Nachhaltigkeit, Re-institutionalisierung von Allmende, bessere Kontrolle der Ausübenden von Herrschaft, freie Entfaltung der Einzelnen unter freieren Vorzeichen. (Gleichdenkende, Menschen mit gleichem Schicksal, etc.) Transparenz wird hierbei zum Gebot der Stunde. Denn mit mehr Informationen können wir rationalere Entscheidungen treffen. Für Politik sind wir uns einig, dass Transparenz Gebot sein muss. Denkt man dieses Gebot weiter und überträgt es auf die Gesellschaft, so ist man schnell bei der Frage: Was ist öffentlich, was privat? Was muss geschützt werden und wie?Wieso ist meine Religion unbedingt privat? Wieso muss ich meine Sexualität verstecken? Wieso sind das Gehalt und die Steuerzahlungen nicht öffentlich?

Schnell kommt man zu der Angst der Repression, der Ausgrenzung und des Missbrauchs durch andere. Es ist jedoch keine Frage der Daten, sondern der Verteilung von wirtschaftlicher und politischer Macht.

Würde jeder sein Gehalt offen legen, so könnte das durchaus positive Auswirkungen auf die Gesellschaft haben, nicht zu schweigen von der Brisanz der offengelegten Steuerzahlungen. Denn Eigentum verpflichtet. Wir brauchen einen öffentlichen Raum, in dem Verantwortung wahrgenommen wird, einen Raum für die Gemeinschaft, wo sich gemeinsame Identitäten bilden können. Denn Wohlstand basiert nicht auf materiellen Gütern, sondern auf gesellschaftlicher Teilhabe. Diese Gesellschaft muss jedoch gestaltet und geschaffen werden. Aber vor allem offen und zugänglich für alle sein. Das gebietet das Recht auf Gleichbehandlung und Achtung der Würde des Menschen. Das Internet bietet diesen Raum der Gleichheit.

Doch diese Entwicklungen sind nur der kaum vorhandenen Regulierung durch Machtinstitutionen zu verdanken. Die >>Nerds, Geeks und andere kreative Anwender konnten sich jahrelang unbeobachtet und ohne Repressionen im Netz bewegen und es gestalten, es zu dem machen, was es heute ist. Es dauerte sehr lange bis die breite Masse sich für das Internet interessierte und noch länger bis staatliche Institutionen die Entwicklung realisierten. [3]

Doch nun haben sie den freien Datenfluß entdeckt, die Unternehmen, die Politiker, die gemeinen Bürger und verschiedene Instrumente werden aus verschiedenen Gründen eingesetzt, um eine Regulierung und Kontrollierung dieses Datenflußes zu erlangen.

  • Netzsperren. Der wohl plumpeste Versuch Kontrolle über die Inhalte des Internet zu erlangen. In China normal, in Deutschland zum Glück erstmal gekippt, in der EU jedoch noch Realität und Schreckgespenst. Leicht zu umgehen für versierte Nutzer, somit wirkungslos, jedoch problematisch für eine breite Partizipation. (Stichworte: JmsStV, GlückStV) ==> “With the Internet already significantly integral to most aspects of communications around the planet — a situation that will only be ever more true over time — governments’ efforts to censor and control Internet content arguably represent the most critical free speech issue, and in the long run, civil liberties issue for perhaps decades or more to come.” (Weinstein)
  • Infrastruktur: Netzneutralität, Breitbandausbau in EU wichtig (Anschluss an Länder wie Südkorea haben wir quasi schon verloren)
  • Ausschluss von Nutzern auf Grund von Geld oder Fehlverhalten (3-Strikes, zB) Internetzugang ist ein Menschenrecht
  • Urheberrecht: Das Durchsetzen von wirtschaftlichen Interessen an geistigen Eigentum führt zu einer Verfolgung von Nutzern und dem Gedanken Daten vor Zugriff schützen zu können – notfalls mit aller Härte. Es ist keine Überraschung, dass Vertreter der Content-Industrie Netzsperren befürworten. ACTA, der Versuch ein Abkommen darüber zu machen, in dem eben diese Interessen gewahrt werden, verbindet denn auch alle Restriktionsinstrumente.
  • Datenschutz bzw. Vorstellung von Privatheit: Das Netz hat seine Schönheit und Freiheit auch dadurch erlangt, dass das Datenschutzgesetz täglich verletzt wird. Alleine eine durchschnittliche Facebookseite hat 15.000 Euro Abmahnpotential. „Zumindest in Netzaktivistenkreisen wird stärkerer Datenschutz erstmal pauschal beklatscht, weil es ja gut klingt. Dass man da aber letztlich den Türöffner für restriktive Maßnahmen beklatscht, die man vorher bekämpft hat, scheint man nicht zu realisieren. Der aktuelle Trend ist den Kontrollhebel bei Providern und Diensteanbietern anzusetzen, deren Neutralität, bezüglich der Inhalte, bislang Konsens war und letztlich das Internet zu dem gemacht hat was es heute ist.“ [4]

Grundsätzlich gilt: Das Internet kennt kaum ein Vergessen und potentiell ist alles einmal eingestellte in Erfahrung zu bringen. Und was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert werden. Anonymisierung ist zwar gut und förderlich, jedoch sind Daten eigentlich immer zu de-anonymisieren. Und das Web 2.0 kennt sowieso keine Anonymität, denn alleine anhand der Freundesliste lassen sich erschreckend akkurate Ergebnisse ermitteln.

Viel mehr müssen wir uns mit dem Gedanken auseinandersetzen, dass wir auf eine Welt zusteuern, in der jeder potentiell alles über jeden in Erfahrung bringen kann. Prinzipiell ist das schon heute so, jedoch wird es von Tag zu Tag einfacher. Alleine, weil wir jeden Tag unzählige Daten ins Internet schmeißen, die uns charakterisieren. Direkt und indirekt. Twitter, Facebook, Blogeinträge, Online-Shopping, simples Surfen … all das zeichnet einen Menschen. Die Frage ist nur: Wie gehen wir damit um?

Da gibt es Firmen, die Datenhandel betreiben, da gibt es den Staat, der uns, zumindest in deutscher Tradition, wenig Gutes will und da gibt es die unbestimmte Angst vor der Unberechenbarkeit des Netzes. Das Ende der Privatsphäre skandieren sie überall – doch den Narzissmus ein klein wenig überwinden und die Egalisierungstendenzen des Netzes annehmen und Privatsphäre neu denken will dann doch keiner. Und wie es letztlich werden wird, können wir kaum sagen, sind doch Prognosen immer von den prämissen der Vergangenheit bestimmt.

Doch eins steht fest: Entweder wir lassen das Internet weiter gedeihen und entwicklen einen neuen Begriff der Privatsphäre, oder wir schaffen das Internet in seiner jetzigen Form ab.

«We are at the crossroads. Now is the time when we must decide if the Internet will continue its role as the most effective tool for freedom of information in human history, or if it will be adulterated into a mechanism for the suppression of knowledge, a means to subjugate populations with a degree of effectiveness that dictators and tyrants past could not even have imagined in their wildest dreams of domination. The choice is ours to make. Choose wisely. There likely won’t be a second chance to get this right.« (Lauren Weinstein)

Enden möchte ich mit Jeff Jarvis:

A Hippocratic oath for the internet
We have the right to connect.
We have the right to speak.
We have the right to assemble and to act.
Privacy is an ethic of knowing.
Publicness is an ethic of sharing.
Our institutions’ information should be public by default, secret by necessity.
What is public is a public good.
All bits are created equal.
The internet must stay open and distributed.

=============================================
[1], [2] Bunz, Mercedes, Datenjournalismus: Wie digitalisiertes Wissen unser Verhältnis zur Wahrheit ändert, http://berlinergazette.de/mercedes-bunz-wikileaks-wahrheit-hannah-arendt/
[3] [4] Fasel in this very blog!

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7 Antworten zu Warum freie Daten wichtiger sind als fliegende Autos

  1. men schreibt:

    jetzt geht die Schleife los, hm? ihr wiederholt euch nur noch.

    und Julia, fang doch endlich mal an, Deine Daten offen zu legen (bei formspring antwortest Du ja nicht): was machst Du beruflich, wie ist Dein Einkommen (und wo ist eigentlich Dein facebook-account)?

  2. laprintemps schreibt:

    1. Es ist ein Vortrag zu dem Thema der Spackeria. Natürlich wiederholt man sich da. Wir erfinden doch nicht jede Woche das Rad neu. Das macht doch keinen Sinn.

    2. Formspring? Keine Zeit, keine Lust.

    3. Beruflich. Ich bin erst seit April auf dem Arbeitsmarkt. Bin Politologin und schreibe ein Buch, plane eine Doktorarbeit bzw. Zweitstudium. Finanziell varriieren meine Einkünfte sehr stark, da ich freiberuflich unterwegs bin. Zum Glück unterstützen mich meine Eltern zur Zeit noch mit 500 Euro im Monat. Und Krankenversicherung.

    4. Facebook-Account? Ja, der ist auf Facebook. ich habe jetzt alles freigeschaltet, was so geht (außer random kommentieren auf meiner Seite) – facebook.com/laprintemps

    5. Nimm‘ dir mal den Stock aus dem Arsch und: Get a life.

  3. Ferenjito schreibt:

    @men Erwartest du, dass eine Seite die sich der Datenschutzkritik widmet, sich wie ein Nachrichtenportal verhält, um sich nur nicht zu wiederholen?
    @Julia Da du momentan quasi das öffentliche Gesicht der Post-Privacy Bewegung bist, werte ich die Veröffentlichung deiner Daten auch als politisches Statement. Im Gegensatz zum Otto-Normaluser wirst du nämlich etliche technikversierte Feinde haben, die nichts lieber machen würden, als dir ein Bein zu stellen, um ein Exempel pro Datenschutz zu statuieren. Um so mutiger, dass du es trotzdem tust. By the way, deine Facebook-Freundesliste ist gerade nicht öffentlich.

  4. men schreibt:

    nix da mit Stock: das „und Julia, fang doch endlich mal an, Deine Daten offen zu legen“ war völlig ernst gemeint. reden kann man viel: machen.

    wenn Du mittlerweile so sensibel bist (bzw. nicht so stark bist, wie Du glaubst)l, dann schreibe
    und antworte einfach gar nicht mehr. liegt Dir ja frei, hier Kommentare freizuschalten, oder nicht… meine Güte.

  5. laprintemps schreibt:

    @men Ich antworte und schalte frei. Alles kein Problem. Nur wenn du mich anpimmelst, pimmel ich zurück. So einfach ist das 🙂

    @ Ferenjito Danke 🙂 Boar. Facebook macht mich IRRE. Ehrlich gesagt ist alles privacy-mäßiges an mir auf Faukheit zurückzuführen.

  6. Johannes Döh schreibt:

    Liebe Julia, dein Artikel liest sich so ungezwungen wie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Versicherungsunternehmens. Versteckt im Gesamtwerk gibt es einige beachtenswerte Passagen, der Rest drum herum ist belanglos, weil man die üblichen Dinge bereits hinlänglich kennt. Dir wird oft und gerne Naivität im Bezug auf Datenschutz vorgeworfen, doch gerade an diesen wenigen Passagen im Gesamtwerk, erkennt der aufmerksame Betrachter, dass du dich durchaus intensiv mit dem Thema befasst hast. Deine Ideologie, die du daraus ziehst, stößt eher auf Gegenwehr, weniger Faktenlage, dass Datenschutz zur Illusion mutiert ist.

    Ja, es geht tatsächlich darum zu twittern, wie lange man dieser Katze zusieht! Das Netz ist ein Ort der Kreativität, aber auch der Politik, des kritischen Denkens und der Revolutionen.

    Die Widersprüche in deinen Aussagen irritieren derweil schon. Twitter verkommt tatsächlich mehr und mehr zu einer Kolumne mit (zu) vielen Autoren. Den Mehrwert an Informationsgehalt muss man sich inzwischen herausfiltern, was mich immer mehr Zeit kostet, die es kaum noch lohnt, darin zu investieren. Banalitäten wie dieses, zugegebenermaßen sehr realistische Katzenbeispiel, verdrängen jedoch diese von dir erwähnte Kreativität. Die Kreativität von Twitter reduziert sich auf die Fähigkeit, mit 140 Zeichen eine möglichst aussagekräftige Information zu gestalten. Die Notwendigkeit, „Short Links“ zu etablieren, war eine der wenigen, wirklich kreativen Ergüsse, von Leuten, die wiederum der Technikwelt zuzuordnen sind.

    Mit Datenschutz hat dies bis dahin alles rein gar nichts zu tun. Es sei denn, man konfiguriert seinen Twitter- Account derart freizügig, dass die Erstellung eines Bewegungsprofils zum Kinderspiel wird und aus den Tweets, alles mögliche herauszulesen ist. Jeder bestimmt den eigenen Datenschutzpegel, mit allen Konsequenzen, die daraus resultieren könnten. Die Kreativität liegt hierbei weniger beim Twitterer, als vielmehr beim aufmerksamen Beobachter…

    Was ist öffentlich, was privat? Was muss geschützt werden und wie?Wieso ist meine Religion unbedingt privat? Wieso muss ich meine Sexualität verstecken? Wieso sind das Gehalt und die Steuerzahlungen nicht öffentlich?

    Ich reduziere diese Betrachtung bewusst auf Twitter, wohlweislich, dass das Internet noch weitaus kreativere Ansätze bietet, Daten zu erspähen. Twitter ist allerdings auch für Technik- Laien noch halbwegs überschaubar. Meine Religion ist grundsätzlich privat. Leider wird diese unwichtige Nebensächlichkeit gerne bei diversen Angaben in Steuererklärungen, Anträgen usw. verlangt und wird dadurch ohne den eigenen Willen durch Zwang mehr oder weniger öffentlich. Es gibt kaum Formulare, wofür die Religion eine Relevanz hätte, dennoch wird sie als Pflichtangabe zu häufig verlangt. Würde Twitter, woran ich freiwillig teilnehme, auch die Religion als Pflichtangabe zur Erzeugung des Nutzer- Accounts verlangen, wäre das zumindest für mich ein Anlass, Twitter nicht verwenden zu wollen. Nicht aus der Überlegung heraus, dass meine Religion sowieso die Mehrzahl der Leute nicht interessiert, sondern weil ich mich in diesem Fall immerhin noch frei entscheiden könnte. Ganz abgesehen von der Kreativität, könnte ich mir durchaus vorstellen, dass auch diese Angabe manchen Leuten als wichtige Information dienen könnte, es kommt nur auf die Verknüpfung an. Bei Sexualität wird die Sache deutlich intimer. Genderkriterien werden allerdings fast schon überall abgefragt, obwohl auch diese Information größtenteils irrelevant für die Nutzung des entsprechenden Dienstes ist. Tiefergreifende Sexualinfos sollte man mit Argwohn beäugen…
    Warum soll mein Gehalt öffentlich bekannt sein? Man könnte so einen Vergleich anstellen, ob jemand unter- oder überdurchschnittlich bezahlt wird. Das lässt sich allerdings auch ohne Offenlegung aller Gehälter feststellen. Was daraus sowieso nicht hervorgeht, ist die Frage, ob die Bezahlung leistungsgerecht ist. Es fehlt schlicht das Maß, woran man dies messen sollte. Der Weg müsste ein anderer sein: Das Gehalt müsste zentral festgelegt werden, egal in welchem Unternehmen der jeweilige Arbeitnehmer arbeitet. Das bekäme dann durchaus sozialistische Züge. Dass in solchen Staatsformen die Gleichheit der Menschen auch nur eine Illusion war, sollte man als Deutscher sehr genau wissen. Es ist also anzuzweifeln, dass mit solchen Offenlegungen nur Poitives zu Tage gefördert wird. Post Privacy ist in der richtigen Dosis sicher nicht schädlich, aber die richtige Dosierung zu wählen, ist eben nicht ganz einfach. Daher verfahre ich lieber nach dem „Opt- In“ Verfahren, sofern mir möglich, als ein im Bezug auf das Internet kaum erfolgversprechendes „Opt- Out“ Verfahren zu betreiben.

    Gruß,
    Forenwanderer

  7. gastensen schreibt:

    OT: Den News-of-the-World-Abhörskandal mitbekommen? Nicht der Staat, sondern ein privates Presseunternehmen ist verantwortlich für eine der übelsten Datenschutzverletzungen der Geschichte. Das sollte zu denken geben…

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