Kurz kommentiert: Schaar: „Ich bin keine Gouvernante“

Unser Bundesdatenschutzbeauftragter Peter Schaar im Interview mit der taz. Insgesamt sagt er viele nachvollziehbare Sachen, auf eine Stelle möchte ich aber eingehen:

In Zukunft wird es auch möglich sein, jemanden mit dem Handy zu fotografieren und das Internet liefert den Namen dazu. Macht Ihnen das Angst?

Ich fände es schrecklich, wenn es eine solche Form der Gesichtserkennung geben sollte. Deshalb müssen hier rechtliche Grenzen eingezogen werden, etwa indem entsprechende Dienste nicht angeboten werden dürfen.

Ich persönlich fände so einem Dienst super, besser noch in Form einer Augmented Reality App. Wenn sich netzaffine Menschen treffen fragt man eh ständig wie die Auftritte der anderen auf Facebook, Twitter oder in der Blogosphäre heißen. Da wäre so ein Dienst ein echter Gewinn. Auch als gescannter könnte man ein Interesse an so einem Dienst haben, sind doch Auftritte in sozialen Medien oft bewusste Selbstdarstellung und Teil der Identität.

Peter Schaar findet nun aber, dass die naheliegendste rechtliche Grenze ein pauschales Verbot so eines Dienstes sei.

Das wäre schon eine ziemlich harte Maßnahme, also sieht er wohl eine große Bedrohung der der Bürger ausgeliefert wäre, würde er ihn nicht schützen. Aber wo genau ist der große Eingriff in die Privatsphäre? Wenn ich grob überlege wie so ein Dienst funktionieren könnte, fallen mir zwei Varianten ein: Einmal ein eigenständiger Dienst, bei dem man sich anmeldet und seine Accounts und Fotos verknüpft. Gegen diese Variante hätte wohl niemand was, zumindest keiner der sich explizit nicht als Gouvernante sieht. Die andere Variante ist etwas spannender. Der Anbieter nutzt zur Erkennung die Profilbilder die öffentlich einsehbar sind und zeigt dann auch die Accounts, die evtl. auf der Profilseite aufgeführt sind.

Bis dahin erkenne ich keinen Eingriff in die Privatsphäre, besonders keinen der ein Verbot rechtfertigen würden. Öffentliche Daten hernehmen und verknüpfen tun andere schon lange. So weit, so legitim und zumindest bleibt alles im Kontext ‚Internet‘.

Aus einer anderen Richtung gäbe es allerdings einen neuen Aspekt mit so einer Gesichtserkennungs-App: Plötzlich können Leute, von denen ich das vielleicht gar nicht will, einen Link zwischen meiner Person in der physikalischen Welt und meinem Auftritt im Netz herstellen. Das ist nicht ganz ohne, wenn man an den kruden Typen in der U-Bahn denkt, man könnte allerdings auch allgemeiner sagen: Man vernetzt sich und man wird vernetzt. Die Vernetzungsbestrebung zwischen diesen verschiedenen Kontexten ist vorhanden und die ersten Schritte sind auch hier schon getan.

Ich beobachte diese Entwicklung jedenfalls mit großem Interesse. Was sich daraus entwickelt weiss ich natürlich nicht, aber eins ist mir wichtig: Die Möglichkeit daran teilhaben zu können will ich mir nicht nehmen lassen. Von keiner Gouvernante, und auch nicht von Herrn Schaar.

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15 Antworten zu Kurz kommentiert: Schaar: „Ich bin keine Gouvernante“

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  3. mspro schreibt:

    Lustig auch die rein logischen Implikationen: „Da kann ich ja in der Öffentlichkeit gar nicht mehr privat sein!!!!“

  4. Martin Weigert schreibt:

    „etwa indem entsprechende Dienste nicht angeboten werden dürfen.“

    Dann müssten sie aber auf einen Schlag in der ganzen Welt verboten werden.

  5. Tharben schreibt:

    Ja, ganz super, super. Ich will endlich auch diese James-Bond-nacktscanner Fuers Handy!

  6. Egal schreibt:

    Das Problem ist nur, dass nicht nur der Staat „Macht“ ausübt, wenn er Datenschutz verordnet, sondern auch diejenigen, die ihre Marktdominanz nutzen, um Daten zu sammeln, die man automatisch liefern muss, wenn man seiner Arbeit nachgeht. Man weiß eben nicht, welche Website erhebt, von welcher man kommt, mithin bei welcher Bank man sein Konto hat, was man angeschaut hat – oder gekauft (ob für sich oder andere ist egal – es prägt die eigene Internetidentität). Ohne Cookies funktionieren viele Anwendungen nicht – die Freiwilligkeit der Datenpreisgabe bleibt so eine Farce.

    Internetinhalte müssen nicht von einem selbst eingestellt werden. Sie können auch in verfälschendem Kontext stehen oder Teil einer Hetzkampagne (Internetmobbing) sein. Kinder haben noch kein Gespür für Abgrenzung – sollte man sie nicht schützen? Und was ist mit kinderpornographischen Bildern? Ein Kollateralschaden und natürlich zu veröffentlichen, da Teil der Kinderbiographie?!

    • fasel schreibt:

      Internetinhalte müssen nicht von einem selbst eingestellt werden. Sie können auch in verfälschendem Kontext stehen oder Teil einer Hetzkampagne (Internetmobbing) sein.

      Mobbing ist ja kein Problem das durch das Internet entstanden ist, da liegen die Ursachen woanders und falscher Kontext ist ein Frage der Medienkompetenz, also ob der Rezipient es erkennt oder nicht. Was du beschreibst ist der Kontrollverlust (geprägt von msro http://ctrl-verlust.net/). Wir verlieren die Kontrolle über unsere Daten, effektive Selbstbestimmung ist demnach nur noch Kurz- bis Mittelfristig möglich.

      Auf Kinder zu achten ist Aufgabe der Eltern, nicht des Datenschützers und dokumentierter Kindesmissbrauch ist ein Fall für die Strafverfolgungsbehörden

  7. Datenschutzfundamentalist schreibt:

    Sagt mal, ihr Spackos, ihr seid alle 15, lebt in Wolkenkuckucksheim und habt gerade
    euer erstes Smartphone zum Geburtstag gekriegt, oder? Es gibt ja nichts böses auf der
    Welt, warum also nicht sich von jedem dahergelaufenen Penner eine Kamera in die
    Visage halten lassen und der kennt dann gleich eure Facebook- und Twitter-Profile,
    Datenschutz ist ja soooo Eighties. Himmel, wie kann man so ignorant sein? Warum
    sollte die Augmented Reality App eigentlich nicht gleich ein komplettes Persönlichkeits-
    profil ausspucken, dann weiß man gleich, ob das Gegenüber einen kompatiblen
    Musikgeschmack hat und worauf es beim Sex steht. Wie cool, kann man sich endlich
    diese lästigen Unterhaltungen sparen….

    Himmel, wie kann man so ignorant sein? Als ob der staatliche Überwachungswahn
    nicht schlimm genug und die unkontrollierte Datensammelei der Privatwirtschaft
    nicht schon eine Pest mit unübersehbaren Risiken wäre, kommt ihr mit eurem
    Exhibitionismus den Datenkraken auch noch entgegen. Was für Drogen nimmt man
    denn heutzutage, dass man auf solche schwachsinnigen Ideen kommt?

    • anonymous schreibt:

      Die Droge heißt Publicity! und ignorant ist meiner Meinung nach die richtige Wortwahl…. Da fand ich die Gender-Diskussion der Piraten wesentlich unterhaltsamer

  8. Annika schreibt:

    US-Marketing zieht mal wieder
    Dümmliche, geschichtsvergessene Nachplapperer finden die Mächtigen (facebook, Google) immer.
    Selten einen so hohlen Quatsch gelesen, der aber einfach erklärt ist: Vergessen wir einfach, welche Erfahrungen unsere Eltern, die Mütter und Väter des Grundgesetzes und die RichterInnen des Bundesverfassungsgerichts in das Datenschutzrecht haben einfließen lassen, vergessen wir, dass 1948 George Orwell ein wichtiges Buch veröffentlicht hat, vergessen wir die Opfer des Nationalsozialismus und des Geheimdienstes des Iran (der facebook zu Vernehmungszwecken und Folter nutzt) und schon stellt sich die Frage: Warum überhaupt Datenschutz?

    Das ist so, als ob ich die Motorhaube eines PKW öffne und mich über das Vorhandensein des Motors beschwere, weil ich nicht ad-hoc verstehe, was der unansehliche Metallklumpen (im Innenraum sieht’s doch viel schöner aus!!!!), da soll.

    • fasel schreibt:

      […] und schon stellt sich die Frage: Warum überhaupt Datenschutz?

      Ja! Das ist ja der Punkt. Die Beispiele die du anführst haben eins gemeinsam: Die Machthaber, also der Staat, ist der Übeltäter. Also warum ergibt sich das Grundrecht Datenschutz aus dem Grundgesetz? Um dem Bürger ein Abwehrrecht gegen den Staat in die Hand zu geben. Das ist die Antwort auf ‚Warum überhaupt Datenschutz?‘.

      Im Beitrag kritisiere ich aber was ganz anderes: Da will eine staatliche Institution den Bürger bevormunden unter dem Deckmantel des Datenschutzes.

  9. Tobi schreibt:

    Selten so einen kindischen Beitrag gelesen. Ihr habt bestimmt alle ein iPhone und alles ist so toll. Sogar Facebook und Twitter unterwegs. Mit der ganzen Welt seit ihr befreundet und gefahren bei der Zusammenführung von Daten gibt es ja sowieso nicht. Bitte Bitte Bitte werdet erwachsen. Ihr hättet damals auch gut für die Stasi werben können.

    • Datenschutzfundamentalist schreibt:

      Absolut treffend. Schäuble und die Stasi 2.0 war gesten, heute läuft die Überwachung dezentral in der „Cloud“ und jeder kann mitmachen. Man darf nur niemals *gegen* etwas sein, aber dass das (rein theoretisch und selbstverständlich nur außerhalb der Parallelwelt Fratzenbuch) überhaupt möglich ist, haben diese Spackos sowieso bereits verlernt. Die klicken den
      „I like“-Button und freuen sich über ihre „Meinungsfreiheit“.

    • fasel schreibt:

      @Tobi:
      was für Gefahren wären das denn konkret, die durch Datenzusammenführung entstehen könnten? Was ist das denkbar schlimmste?

      Und ein Heraustreten aus der Privatsphäre an die Öffentlichkeit und Gesicht zeigen, gegen ein repressiven Staat, hätte der Stasi bestimmt wenig geholfen. Wie ist die DDR nochmal zu Fall gekommen? Oder der demokratische Umschwung in Nordafrika entstanden?

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