Was mich antreibt „Spacko“ zu sein

Ich las heute diesen Blogbeitrag und fand darin folgendes Zitat. Es trifft in zwei Sätzen den Kern warum ich mich hier engagiere:

Dahinter steckt, als Erweiterung des oben benannten Argumentes, die Aussage, dass sich private Daten – sobald sie im Netz sind – nur noch sehr schwer schützen lassen, nämlich unter Zuhilfename staatlicher Repressionen. Diese aber, wie bereits erwähnt, gefährden die Freiheit des Netzes.

Ja, ich sehe die Freiheit des Netzes durch falsch gerichteten Datenschutz gefährdet.

Spätestens seit der StreetView-Debatte zeigt sich eine neue Entwicklung. Der Datenschutz wird zum regulierenden Instrument und richtet sich zunehmend gegen private Unternehmen und einzelne Personen, die als Anbieter agieren. Natürlich ist Datenschutz als Bürgerrecht wichtig. Ich will aber einen puristischen Datenschutz, wie er ursprünglich gedacht war, als Recht gegen den Staat (i.S.d. Staatsgewalt), nicht als Instrument ebendiesens gegen „uns“.

Die Gefährdungsszenarien – die einen durchgreifenden Datenschutz gegen alles angeblich so dringend nötig machen – sind diffus und unkonkret und durchsetzt mit „Datenfresser“-Rhetorik. Würde man hier mal konkrete Gefahren benennen, könnte man abwägen an welcher Stelle ein weitergehender Schutz nötig sein könnte (also jenseits der Abwehrrechte gegen den Staat). In erster Linie ist hier aber die Eigenverantwortung jedes Einzelnen gefragt, bevor man leichtfertig nach Regulierung schreit. Die mündet dann nämlich in Unfreiheit und Bevormundung eines jeden von uns.

Das wollte ich erstmal als Standpunkt loswerden, bevor es zu ausschweifend wird, denn es ist ein weites Feld. Hier hängen mindestens die Themenkomplexe „Post-Privacy“ und die zunehmend vernetzte Gesellschaft mit dran. Das sind nicht originär meine Themen, aber es macht mir Spass sie zu betrachten und sie lassen sich eben nicht ausklammern, wie ab und an mal gefordert wird.

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12 Antworten zu Was mich antreibt „Spacko“ zu sein

  1. Klischeepunk schreibt:

    In einem geb ich dir voll und ganz recht: Datenschutz ist etwas was „uns“ helfen sollte, nicht gegen „uns“ verwendet werden sollte.
    Ansonsten kann ich dem Spackeria Mist nichts abgewinnen. „Ich will mich nicht drum kümmern was Online steht“? „Datenflut/Daten veröffentlichen um zu verhindern, dass Daten missbraucht werden“? Danke nein. Wenn der Begriff Datenschutz nicht mehr trifft, dann wegen mir Datenhoheit. Google StreetView nehme ich hier mal aus, was da abging ist einfach lächerlich, aber ein gedankenloses mit Daten um sich werfen auch noch zu supporten halte ich für Bullshit übelster Sorte. Die Möglichkeit sich zu informieren wo Daten liegen, die Möglichkeit diese im Bedarfsfall löschen zu lassen und gegen „Datenwilderei“ vorzugehen ist unumstößlich wichtig. Geh mal weg vom Internet. Vereine wie die Schufa und deine Versicherung lecken sich doch die Finger nach dem Mist. „Ach auf Twitter sagen sie aber, dass sie mehr als eine Schachtel am Tag rauchen, das Foto bei Facebook lässt darauf schließen, dass sie ungesunde Mengen Alkohol zu sich nehmen und ein Blogpost Anfang des Monats sagt, dass sie zuwenig Geld haben.“ Voila, die Versicherung ist abgefahren, der Kredit zum Hausbau gestrichen aber man kann sich freuen und rumspacken. Werd ich nicht verstehen. Will ich nicht verstehen.

    • Schlipsnerd schreibt:

      Hallo Klischepunkt,

      Datenschutz ist also ein Schutzrecht für dich. Doch eigentlich sind diese Schutzrechte irrelevant. Und zwar in folgender Weise: Wenn etwas über dich gegen deine Willen öffentlich gemacht wurde, das dir schadet, dann kannst du das mit deinem dir zustehenden Schutzrecht nicht verhindern. Die Befürchtung steht im Raum, das aus den Informationen Nachteile für dich entstehen. Die veröffentlichte Information wird öffentlich bleiben; Stichworte hier Streisand-Effekt und „Das Internet vergisst nichts“. Was hilft also hier ein Schutzrecht? Eine genauerer Betrachtung der Kosten, die dem „Opfer“ und dem „Täter“ entstehen, nachdem die Veröffentlichung offenbar wurde, ist vielleicht eine spannende juristische und gesetzgeberische Frage, nimmt den Sachverhalt an sich aber nicht zurück.

      • Klischeepunk schreibt:

        Interessanter Standpunkt, ich kann oder will nichts tu’n also ist auch die Möglichkeit überflüssig. Nach der Argumentationslinie könntest du unser gesamtes Strafrecht kippen.
        Wenn jemand etwas über mich veröffentlicht muss ich zumindest die Möglichkeit haben zu versuchen den Schaden zu begrenzen. Hier ist das Spiel ja durchweg lustig, das schlimmste was mir passiert ist eben, dass meine Versicherung nicht will (was schon so krasse Auswirkungen haben kann). Zu anderen Zeiten war denunzierung ein beliebter Volkssport um politische, gesellschaftliche oder eingebildete Gegner von der Bildfläche verschwinden zu lassen. Auch hier gibt einem das BDSG Mittel in die Hand den Schaden einzugrenzen. Das mag bei Nutzer xy nicht viel bringen, aber wenn man sich die GSport Datei anschaut oder bspw. die potentielle-Terroristen-Straftäter-Böse-Datei etc. dann will ich verdammt nochmal mein Recht auf Auskunft und Löschung behalten und nicht davon absehen, weil ich „ja eh nichts tun kann“. Um zum Anfang zurück zu kommen und den Kreis zu schließen – ich kann auch nicht verhindern, dass wer durchdreht und Leute abknallt – Strafrecht abschaffen? Es geht nicht immer darum, dass Leute entgegen meinem Willen verbreiten, um wieviel Uhr ich auf’m Pott hock oder wie groß mein Penis ist, es kann um durchaus sensitive Informationen gehen – für dich oder/und andere. Nein Datenschutz ist erforderlich, wer sich dagegenstemmt denkt nicht zuende, sondern lebt in einer Welt in der ihm nichts passieren kann – bis etwas passiert.

  2. Christoph Kappes schreibt:

    Ich schaue ja immer wieder mal, weil ich ja eine gewisse Sympathie für Utopien hege, die man zumindest mal ohne Schere im Kopf durchspielen sollte.
    Meines Erachtens sind zwei Denkfehler im „puristischen Datenschutz“:
    1. Die Vorstellung, dass private Daten „im Netz“ sind, irritiert mich immer wieder. Das Netz ist keine Rechtsfigur, kein Herrschaftsraum, sondern ein Haufen Kabel, Lötzinn und Gedöns, über dessen Inhalt derzeit Private herrschen. Das heisst dieses mein Posting ist zwar „im Netz“ (in dem Sinne, dass es via http, html etc jedermann zugänglich ist), es herrscht aber der jeweilige Betreiber (und zwar nach Vereinbarung mit mir und allgemeine Rechtsgrundsätzen).
    Meines Erachtens müssen Sie sich von einem „freien Netz“ lösen. Das mag es geben, aber nicht unter den ggw Eigentumsverhältnissen, Herrschaftsbeziehungen (auf die „Sache“) und Rechtsnormen.

    2. Daten in privater Hand sind schon deswegen nicht minder problematisch als Daten in staatlicher Hand, weil der Staat mit seinem Gewaltmonopol (bzw im Mißbrauchsfall auch schlichter Gewalt) die Herrschaft über diese Daten erlangt. Ihr einseitiger antistaatlicher Ansatz ehrt sie, funktioniert aber nicht.

    • fasel schreibt:

      zu 1.: Mit „freies Netz“ meine ich nicht nur die Inhalte im Netz, sondern auch das Netz als Selbstzweck (the medium is the message). Das Internet ist mehr als ein Sender mit Leitung + Gedöns, zum Empfänger. Es ist eben durchaus ein diffuses Netz und nicht nur miteinander verbundene Sever auf denen Inhalte liegen.

      Das Posting, um bei dem Beispiel zu bleiben, gibt es ja in der Form nicht. Bei Abruf werden schonmal verschiedene Datenquellen zusammengeführt (Datenbank, statische Inhalte) dann wird es bis zum Empfänger immer wieder kopiert und verbleibt bei ihm. Darüber hinaus können noch Inhalte von Dritten mitgeladen werden. Eine Vernetzung, Vermischung und Verlinkung findet generell auf verschiedenen Ebenen statt: Der Netzwerkebene und der Inhaltebene (und wahrscheinlich noch anderen).
      Und gerade die klassischen Ideen von Eigentum, Herrschaft und Rechtsnormen funktionieren in diesem Konstrukt nicht und der Versuch sie zu erzwingen erzeugt massive Reibung.

      Eigentum -> Komplex Urheberrecht/Abmahnungen: Das Internet ist sowohl technisch, als auch per Mentalität der Nutzer, eine Kopiermaschine. Filesharing ist kein Problem, sondern Kultur. Es gibt nur einen Besitzer an digitalen Werken: Die Allgemeinheit. Gilt als Konsequenz für alle Daten im Netz, auch persönliche.

      Herrschaft -> Komplex Netz- und Plattformneutralitätsdebatte: Die neue Situation ist, dass sich der Anbieter bislang nicht um Inhalte zu kümmern hat und nicht zu kümmern brauch (i.S.v. Verantwortlichkeit), das ist gerade am kippen. Da geht es nicht zuletzt um Herrschaft über die Inhalte. Die Herrschafts- und Machtverhältnisse sind aber relativ verworren, aber funktioniert im großen und ganzen bislang selbstregulierend.

      Recht genrell: Ich sehe natürlich auch Grenzen für die Freiheit und Unantastbarkeit des Netzes. Strafverfolgung soll durchaus stattfinden, aber man muss sehr genau fragen zu welchem Preis und ob geforderte Maßnahmen überhaupt zielführend sind.

      kurz gesagt, wie haben jetzt gerade so etwas wie ein freies Netz, aber es bröckelt gerade weg und es ist wertvoll genug um sich für den Erhalt einzusetzen.

      zu 2.: Ich denke sehr wohl dass der Ansatz funktioniert die Regeln unseres Staates zu definieren. Es gibt ja rechtsstaatliche Regeln und auch schlicht Verfahrensregeln, sonst wäre es ein totalitäres System. Natürlich ist es nicht einfach solche Regeln durchzusetzen. Zugriffe auf Daten müssen schon deutlich schwerer (rechtlich, nicht technisch) gemacht werden als z.B. nur mit Richtervorbehalt versehen, der stellt in der Praxis kaum eine Hürde dar. Ja, da gibts es Probleme in der Praxis, aber es ist nicht grundsätzlich unmöglich.
      Hier gilt es auch unrechtsstaatliche Tendenzen zu bekämpfen und im Zweifel müssen Menschen geschützt werden, nicht Daten.

  3. Der der anonym bleiben möchte schreibt:

    Abwehrrechte gg den Staat mögen ausreichen, wenn der Staat quasi die einzige Instanz ist, die die nötige Power hat, Personenprofile zu erstellen. Das war in der DDR so, und in der vordigitalen Zeit auch in der BRD. Auch heute sind diese Abwehrrechte gg den Staat wünschenswert.

    Inzwischen gibt es aber weitere Instanzen mit ausreichend Power zum Erstellen von Personenprofilen. Dabei geht es nicht darum, was Menschen freiwillig von sich veröffentlichen, in Social Networks, Blogs oder wo auch immer. Das ist wenn dann eher eine medienpädagogische Herausforderung – Stichwort mündiger Bürger.

    Was Spacken aber nicht thematisieren ist der wachsende Bereich des unfreiwilligen Getracked-Werdens ohne selber etwas freiwillig veröffentlicht zu haben. Hier braucht es sogar mehr als nur „Abwehrrechte“ gegen Mitmenschen und Unternehmen. Über das „Abwehrrecht“ hinaus geht es um Zustimmungspflicht.

    Wer mich portraitieren will braucht meine Zustimmung! Oder wird das in Spackeria dann abgeschafft?

    • fasel schreibt:

      also gegen Tracking kann ich mich selbst wehren (Cookies, Ad-Blocker), aber ich sehe da nicht die Gefahr. Theoretisch können Profile entstehen, bezweifel aber dass es sehr praxisnah ist (ich kenne den Blick hinter die Kulissen etwas).
      Profile entstehen aber spätestens in sozialen Netzen.
      Ich bleibe dabei, dass hier die eigentliche Gefahr vom Staat ausgeht, der ja auf jegliche Daten zugreifen kann, auch vertrauliche Kommunikation (Direktnachrichten usw). Datenschutz im Sinne von Datenschutzerklärungen/-bestimmungen helfen da nicht weiter. Im Gegenteil, sie wiegen den Nutzer in falscher Sicherheit und der gibt dann vielleicht Sachen preis die er nicht sollte.
      Ein Fernbleiben von solchen Diensten kann nicht die Lösung sein, schon gar nicht auf lange Sicht. Auch Datensparsamkeit greift nicht, soziale Netze und die Interaktion dort lebt ja gerade von der Preisgabe von Daten.

      Den Ansatz den ich sehe ist, dass der Staat keinen einfachen Zugriff auf solche Profildaten und Kommunikationsvorgänge bekommt. Zumindest solange man keine annährende Waffengleichheit durch z.B. mehr staatliche Transparenz erzielt hat. Denn ein Ende des Umstandes, dass man die Kontrolle über die eigenen Daten hat, ist nicht nur denkbar sondern zeichnet sich durchaus ab

  4. grenoble schreibt:

    wer schaut im post privacy zeitalter schon noch auf weblogs?
    habt ihr nicht auch einen twitterchannel?

  5. Bernd Zweiundsiebzig schreibt:

    Guten Tag,

    nur ganz kurz:
    1. Die Polarisierung zwischen einem gedachten „Uns“ und „dem Staat“ führt zu Verantwortungslosigkeit. Denn wenn ich mich als nicht mehr zum Staat gehörend definiere, habe ich mit den Entscheidungen desselben auch nix mehr zu tun.
    Wenn ich mich hingegen als aktiver Teil des Staates verstehe, fange ich an mich mit den Problemen auseinander zu setzen, anstatt vor ihnen davon zu laufen.
    2. Die Trennung „Wir Bürger“ und „der (repressive) Staat“ passt leider nicht zu der Tatsache, dass „unsere“ Daten ja nicht nur in die Hände des Staates gelangen, der die Verwendung reguliert, sondern vielmehr bei Privatunternehmen landen, welche eine Gewinnerzielungsabsicht verfolgen (Facebook, etc). Was Unternehmen mit „unseren“ Daten tun, wird eben nur durch Datenschutz zunehmend reguliert.
    Ohne Datenschutz würde eben die Verwendung der Daten durch Privatunternehmen nicht mehr reguliert, bzw. Gesetze nicht mehr an die Veränderungen der digitalen Gesellschaft angepasst. Dies würde allerdings zum Verlust der strukturellen Kopplung zwischen Gesetzgeber und der sogenannten „digitalen Gesellschaft“ führen.

    Das wars schon.

    • fasel schreibt:

      zu 1.: deswegen definierte ich „den Staat“ in meinem Posting als „Staatsgewalt“ nach der http://de.wikipedia.org/wiki/Drei-Elemente-Lehre. Es ist die Trennung zwischen Staat(sgewalt) und Volk. Was politisch passiert liegt natürlich letztlich in unserer Verantwortung, wir sind das Volk und die Regierung wird von uns bestimmt. Politikverdrossenheit zu verbreiten liegt mir fern, was hier im Blog geschrieben wird ist ja explizit ein: Schaut hin! Hinterfragt!

      zu 2.: Hier sind wir bei der Frage was sonst noch schützenswert ist und wo Gefahren lauern. Ist ein Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht etwas inhärent schlechtes? Ist es gefährlich?
      Wahrscheinlich kann ist ein gewisser Schutz personenbezogener Daten sinnvoll sein, aber das BDSG-Korsett ist schon verdammt eng geschnürt und ich sehe keinen Grund es noch enger zu ziehen, eher im Gegenteil.

      Was die Entkopplung angeht: Das ist vor mindestens 20 Jahren schon passiert… Die richtige Frage ist daher: Wie bekommt man es wieder zusammen

  6. Johannes Döh schreibt:

    Es werden hier zwei Aspekte miteinander vermischt, die man nicht vermischen sollte. Die Daten, die jemand freiwillig oder aus fehlender Kompetenz unfreiwillig veröffentlicht sind von den Daten zu trennen, die staatliche Stellen und Unternehmen ohne Zustimmung der betreffenden Personen sammeln und verknüpfen. Da leider letzteres weitgehend passiert, darf man nicht den Gedanken fassen, dass der Rest dann auch egal sei. So verstehe ich eure Spackeria – zumindest kommt es so rüber.
    Gerade weil die Situation so schwierig ist, also privaten Datenschutz durchzusetzen, ist es übel, Leute dazu animieren zu wollen, die letzten digitalen Hüllen auch noch fallen zu lassen. Worin soll diese Logik begründet sein?

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